Weinanbau in Südtirol: Alles, was du wissen musst – inkl. Probiertipps

Oben weiß gepuderte Berggipfel, Gondeln und Hüttengaudi, unten saftiggrüne Zypressen, hohe Palmen, warme Badeseen und ein Rebenmeer, das seinesgleichen sucht. Es sind dieses alpin-mediterrane Feeling und dieses Ausmaß an Möglichkeiten, das Südtirol zu dem macht, was es ist – einzigartig! Einzigartig, das sind nicht nur die Landschaft, die Menschen und die gelebte Tradition, die hier in Südtirol ganz groß geschrieben und gepflegt wird. Einzigartig sind vor allem die Weine. Warum, dass liest du im heutigen Blogartikel:

Eines der mengenmäßig größten weinproduzierenden Länder weltweit umfasst auch eines der kleinsten Weinanbaugebiete – Südtirol. Das Land ganz im Norden Italiens war historisch bedingt schon immer ein durch Kellereigenossenschaften geprägtes Weinanbaugebiet. In Südtirol entfallen ca. 3.400 ha Rebfläche auf 12 Kellereigenossenschaften. Zusammen machen sie etwas weniger als 75 % der gesamten Weinproduktion Südtirols aus.

An dieser Stelle sollte ich vielleicht erwähnen, dass man eine Kellerei in Südtirol qualitativ nicht nur im Hinblick auf die Weine, sondern insbesondere im Hinblick auf Technologie, Weiterbildung, Marketing und Nachhaltigkeit – pardon – nicht mit einer deutschen Winzergenossenschaft vergleichen kann. In Deutschland oft verpönt, sind Kellereigenossenschaften in Südtirol fester Bestandteil der Weinbautradition und -kultur.

Und trotzdem haben sich in den letzten 10 Jahren immer mehr freie Weinbäuerinnen und Weinbauer in die Selbstständigkeit gewagt. Ausnahmetalente und Neudenker wie Martin Gojer vom Weingut Pranzegg oder Heinrich Mayr vom Nusserhof und ja, auch Winzergrößen wie Alois Lageder beweisen gekonnt, dass Tradition nicht zwangsläufig ein Stoppschild für Innovation ist.

Gut zu wissen

Klein, aber oho! Denn obwohl Südtirol mengen- und flächenmäßig keine wirkliche Bedeutung für den italienischen Weinmarkt hat, haben 98 % aller Weine in Südtirol den qualitativ höchsten Weinstatuts – nämlich DOC bzw. DOP (kontrollierte Ursprungsbezeichnung). Kein anderes Weinanbaugebiet in Italien kann Südtirol diesbezüglich auch nur annähernd das Wasser reichen.

Rebsorten

In fast allen Weinbauregionen Südtirols spielt der Weißwein die erste Geige. Kaum verwunderlich, denn Weißwein macht in Südtirol ca. 62 % der Gesamtproduktion aus. Einzig und allein Bozen und Meran bilden die Ausnahme. In beiden Weinbauregionen, bedingt durch die Wärme und das hier vorherrschende mediterrane Klima, macht Rotwein bis zu 70 % aus. Zu den Top-Weißweinsorten gehören, in absteigender Reihenfolge, Pinot Grigio, Gewürztraminer und Weißburgunder. Bei Rotwein steht der Vernatsch, aus dem geniale Vesperweine gekeltert werden, die man am besten leicht gekühlt trinkt (aka Trollinger), an der Spitze, gefolgt von Blauburgunder (aka Spätburgunder) und Lagrein. Internationale Rebsorten, die hier immer häufiger angebaut werden, sind im Weißweinbereich übrigens Chardonnay und Sauvignon Blanc. Bei Rotwein sind es Merlot, Cabernet Franc und Cabernet Sauvignon.

Gut zu wissen

Oft verwirrend, allerdings lediglich auf die Weinbergslage bzw. auf die Ortschaft bezogen, ist der Zusatz St. Magdalener und Kalterer See Klassisch bzw. Lago di Caldaro Classico auf den Weinetiketten. Bei beiden Zusätzen handelt es sich immer um die Rebsorte Vernatsch (Trollinger).

Die Weinanbauregionen im Detail 

Das Weinanbaugebiet Südtirol umfasst ca. 5.300 ha Rebfläche und unterteilt sich grob in 7 Weinanbauregionen. Die wichtigsten Kernzonen, sowohl flächenmäßig als auch touristisch gesehen, sind das Südtiroler Unterland mit einer Rebfläche von 1.869 ha und Überetsch mit einer Gesamtrebfläche von 1.682 ha. Weitere Regionen sind Meran und Umgebung (386 ha), Bozen und Umgebung (686 ha) sowie das Eisacktal (348 ha):

1. Überetsch-Unterland

Die Gemeinden Neumarkt, Adrian, Terlan, Kaltern, Eppan, Branzoll, Leifers, Pfatten, Tramin, Auer, Kurtatsch, Kurtinig, Margreid und Salurn bilden die Bezirksgemeinschaft Überetsch- Unterland, auf die rund 80 % der Gesamtrebfläche Südtirols entfallen und die auch Heimat einer der ältesten Weinstraßen Italiens, der „Südtiroler Weinstraße“, ist. Die Weinbauregion Überetsch wird von weißen Rebsorten wie Gewürztraminer, Pinot Grigio und Chardonnay dominiert. Das Unterland hingegen hält sich bei Weiß- und Rotwein die Waage. Die große Herausforderung an den Winzer hier ist das Verstehen der Böden und der Lagen. Denn Überetsch und das Unterland sind extrem vielfältig. Weinbergslagen in Höhe von 200 – 1.000 Metern, etliche Kleinklimata und die geologische Beschaffenheit der Böden ändern sich gefühlt im 100-Zentimeter-Takt.

2. Meran und Umgebung

Auf einer Gesamtrebfläche von etwas mehr als 380 ha wachsen hier auf einer Höhe von 300 – 800 Metern ü. d. M. vornehmlich rote Rebsorten wie Vernatsch (aka Trollinger) und Blauburgunder (aka Pinot Noir, Spätburgunder). Der Vernatsch rund um Meran heißt hier auch „Südtiroler Meraner“, „Meraner Kurtraube“ oder „Burggrafenamt“.

3. Bozen und Umgebung

70 % der Gesamtrebfläche Bozens (ca. 680 ha) entfallen auf Rotwein. Im Sommer wird es in und um Bozen bis zu 40° C warm, womit sich ideale Voraussetzungen für rote Rebsorten wie z. B. dem Vernatsch von den St. Magdalener Hanglagen oder den kräftigen Lagrein bieten.

4. Eissacktal

Das Eisacktal hingegen umfasst eine Gesamtrebfläche von etwas mehr als 340 ha. 95 % davon entfallen auf Weißwein, allen voran den Müller-Thurgau. Weitere bekannte Rebsorten, die für das Eisacktal typisch sind, sind Silvaner und Kerner.

Weitere Anbauregionen sind das mittlere Etschtal und der Vinschgau, die aufgrund ihrer Größe und teils durch den vorwiegend praktizierten Apfelanbau allerdings keine bedeutende Rolle für den Südtiroler Weinbau spielen.

Biodynamischer Weinanbau

Auch der biodynamische Weinanbau, die älteste Form der ökologischen Landwirtschaft, hält immer mehr Einzug in Südtirol. Einst geprägt durch Vorreiterweingüter wie dem Weingut Loacker und Bio-Pionieren wie Rainer Loacker, Alois Lageder oder Manincor, stellen insbesondere immer öfter auch kleinere Winzer:innen bewusst auf den biodynamischen Weinbau um. Und auch die Sache mit dem „Naturwein“, also mit Weinen im Sinne von „so viel wie nötig, so wenig wie möglich“, wird in Südtirol immer lauter. Ob die Weingüter Garlinder, Pranzegg, Ansitz Dolomytos, der Tröpftalhof, der Bergmannhof, Martin Abraham, Reyter oder Rohregger – sie alle stellen hervorragende Weine im Low-Intervention-Stil her.

Südtiroler Qualitätssekt

In Südtirol wird aber nicht nur Stillwein auf die Flasche gezogen, sondern auch qualitativ hochwertige Sekte, die immer mittels der traditionellen Flaschengärung (frz. Methode Champenoise) hergestellt werden. Das heißt, dass die zweite Gärung, aus der schlussendlich auch die Kohlensäure stammt, immer in der Flasche stattfinden muss. Rebsorten, die für die Produktion von Südtiroler Qualitätsschaumwein zugelassen sind, sind – ähnlich wie im Franciacorta – die Rebsorten Weißburgunder, Chardonnay und Blauburgunder (aka Pinot Noir, Spätburgunder).

Lous Probiertipps

Ob einfach nur schwer durstig nach dem Lesen dieses Blogeintrags, gerade in der Weinausbildung oder für dein persönliches Südtirol-Pröbchen in den eigenen vier Wänden – nachfolgend habe ich dir einige meiner Lieblingspullen zum Nachtrinken aufgeschrieben:

  • Weingut Alois Lageder z.B. Chardonnay „Löwengang“ 
  • Weingut Martin Schagraffer z.B. Chardonnay „Fluch & Segen“ 
  • Pranzegg z.B. Vernatsch „Campill“
  • Ansitz Dolomytos z.B. Dolomytos Weiß 
  • Abraham z.B. Upupa Rosa
  • Kellerei Kurtatsch z.B. 600 Blanc de Blanc 

#bringflavorhome

Grapes & Love

Deine Lou

Über die Autorin

Louisa Maria Schmidt (aka Lou) schreibt auf ihrem Blog über Wein und erklärt in Kurzvideos auf Instagram, auf was es bei Wein wirklich ankommt. In der Gastronomie groß geworden, studierte sie Internationale Weinwirtschaft an der Hochschule Geisenheim. Heute arbeitet sie als Wine Consultant und Content Creatorin für PR-Agenturen, Online- und Printmagazine sowie Weingüter.

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