Das perfekte Hähnchen aus dem Backofen – schnell, einfach, knusprig!

[drop_cap]Ich habe viele Freunde, die in lautes Gejubel ausbrechen, wenn ich sage: „Ich schieb uns schnell einen Gockel!“, andere behaupten, es sei das „famous chicken à la Lou“, um mir einmal selbst anerkennend auf die Schulter zu klopfen. Ja, ich weiß: Eigenlob stinkt. Aber viel zu viele haben Angst, bei einem ganzen Huhn etwas falsch machen zu können, arbeiten mit Fleischweichmachern, viel zu vielen Gewürzen und Geflügelscheren – dabei ist so ein Huhn aus dem Ofen kinderleicht und bedarf wirklich keinerlei Übung. Wichtig, einzig und allein, ist das Huhn. Ein anständiges Huhn.[/drop_cap]

 

Der Deutsche und Geflügel

Der Deutsche liebt Geflügel und konsumiert in Massen ohne Rücksicht auf Verluste. Bei Geflügel haben wir aber die Möglichkeit, anders als beim Rind oder beim Schwein, das ganze Tier zu verwerten. Wenn ich also Geflügel verarbeite, dann nur im Ganzen und fast ausschließlich aus der französischen Mast. Natürlich gibt es auch tolle Demeter-zertifizierte Bauernhöfe, die Geflügel noch traditionell und artgerecht halten, jedoch kommen selbst diese Hühner nicht an den Geschmack eines Label Rouge heran – sorry!

Label Rouge – das klingt immer so furchtbar dekadent und teuer. Ist es aber nicht. Für ein 1,5 Kilogramm schweres Huhn bezahle ich im Durchschnitt 15 Euro. Das ist natürlich mehr als für ein deutsches Huhn aus der konventionellen Mast, allerdings werden von so einem Huhn (mit Beilagen) bis zu 4 Personen satt. Das sind gerade einmal 3,75 Euro pro Person und, um den Wortlaut meines Vaters wiederzugeben, „man frisst keinen Scheiß“. Selbst für mich alleine bereite ich immer ein ganzes Huhn zu. Aus den Karkassen entsteht mit viel Gemüse eine feine Brühe, und aus den Fleischresten bereite ich mir am nächsten Tag ein fantastisches Hühnerfrikassee zu.

 

Paul Bocuse – der Geflügelgott

Als mein Vater vor kurzem verstarb, fing ich an, alle seine alten Kochbücher rauszukramen. Dabei fiel mir das Standardwerk von Paul Bocuse aus dem Jahr 1977 in die Hände. In diesem Kochbuch schrieb Bocuse bereits damals bezogen auf das Huhn aus dem Gebiet Bresse, nördlich von Lyon gelegen, mit seinem strahlend weißen Federkleid, den blauen Füßen und dem roten, unverkennbaren Kam, das Bressehuhn:

„In Großstädten dürfte man, ebenso wie auf dem Land, vielleicht mal ein frisches, noch sorgfältig gemästetes Huhn bekommen, das ähnliche Qualitäten wie eine Poularde aufweist. An das mit Recht berühmte Geflügel aus der Bresse, der Landschaft zwischen Lyon und dem Jura, an dieses Geflügel freilich kommt auch das beste deutsche Bauernhähnchen nicht heran. Die besondere Rasse mit festem, würzigem Fleisch wird von seit langem spezialisierten Bäuerinnen und Mastbetrieben mit reinem Naturfutter aufgezogen. Wer dieses Geflügel nicht kennt, versteht nicht, warum Paul Bocuse so viele Hühner-Rezepte bringt und so außerordentlich reichhaltige Zubereitungen bevorzugt. Tatsächlich wäre es eine unverzeihliche Verschwendung, Trüffel und frische Gänseleber in Hähnchen zu stopfen, die mit Hormonen und mit einem durch Fischmehl angereicherten Kraftfutter hochgepäppelt, dann im Eiskanal gewässert und schließlich eingefroren wurden.“ – Paul Bocuse, die neue Küche, 1977

 

Fermiers de Loué – das Prachthuhn der Normandie

Ich liebe es, in der Küche zu stehen, zu werkeln, auszuprobieren, gesellig beieinander zu sitzen und andere mit meinem Essen glücklich zu machen.

Was ich noch mehr liebe, genauso wie bei Wein, ist mit den Menschen zu sprechen, die unsere Vielfalt an Lebensmitteln auf den Tisch bringen. Egal ob Obst, Gemüse, Fisch oder Fleisch – es gibt für mich nichts Schöneres, als mit den Produzenten vor Ort zu sprechen und zu philosophieren. Essen und Wein verbinden – auf eine so vielfältige Art und Weise. Vergangenen Sommer habe ich mich mit einer meiner besten Freundinnen auf den Weg nach Frankreich gemacht, genauer gesagt in das Département Mayenne in der Normandie, zu den Bauern und Bäuerinnen der Les Fermiers de Loué.

In meiner Küche verarbeite ich fast ausschließlich die Loué-Hühner. Warum? Zertifiziert durch Label Rouge, eine Mast von mindestens 82 Tagen (konventionelle Mast 30 Tage), unbegrenzter Auslauf auf riesigen Arealen mit vielen Bäumen und Naturhecken und -sträuchern. Das Futter muss aus eigenem Anbau stammen. Kein Gedöns, nur pures, nicht genverändertes Getreide. Kein Fischmehl, keine Mittelchen. Antibiotika sind strikt untersagt. Nur Behandlungen auf homöopathischer Basis sind erlaubt. Viel frische Luft, Sonne, Wind, saubere Ställe und ein strenges Hygienekonzept für Mensch und Tier. Die Hühner und auch Eier stammen alle aus biologischer, teils biodynamischer Aufzucht. Welche strengen Auflagen die Label-Rouge-Zertifizierung mit sich bringt, sieht man an der Freiheit und dem Glück der Hühner.

 

Zu Gast bei Valerie und Julien

An diesem Tag waren wir bei einer von 1.000 Familien, die die Loué-Hühner züchten. Wir waren zu Gast bei Valerie und Julien, die uns ihren gesamten Bauernhof, ihre alten Apfelbäume für die Calvados-Produktion und ihre Charolais-Rinder gezeigt und uns alles erklärt und alle unsere Fragen beantwortet haben. Ich möchte mich an dieser Stelle nochmals für das hervorragende Mittagessen und überhaupt für eure ganz große Gastfreundschaft und die stets offene Türe bedanken. Ein pures Vergnügen, das mich vor Glück blubbern lässt. Und eins habe ich mit eigenen Augen gesehen und gefühlt: Die Züchter, die Bauern und Bäuerinnen leben ihren Beruf und lieben ihre Tiere wie ihre eigenen Kinder. Fermiers de Loué leistet ganze Arbeit, und zwar auf allen Ebenen – gemeinsam kämpfen sie für weniger „billig“ und mehr „Wertschätzung“ gegenüber Tier und Mensch.

Gut zu wissen: insgesamt gibt es drei Loué-Hühner: das weißgefederte, das ausschließlich mit Mais gefütterte und das schwarzgefederte Huhn. Dabei ist das Maishuhn das saftigste und das schwarzgefederte das würzigste.

 

Rezept für mein knuspriges Hähnchen aus dem Backofen

Knuspriges Hähnchen aus dem Backofen

Louisa Maria Schmidt
Vorbereitungszeit 1 Stunde 5 Minuten
Zubereitungszeit 1 Stunde 30 Minuten
Gesamtzeit 2 Stunden 35 Minuten
Küche Frankreich, Lyon
Portionen 4

Zutaten
  

  • Für das Huhn aus dem Ofen
  • 1 Huhn Label-Rouge-Qualität ca. 1,5 kg
  • 1 unbehandelte Zitrone
  • Gutes Olivenöl
  • 1 Zweig Thymian oder Rosmarin
  • Fleur de Sel feine Meersalzflocken, z. B. aus der Camargue
  •  
  • Für das Ofengemüse optional
  • Karotten nach Belieben
  • Schalotten nach Belieben
  • Fenchel nach Belieben
  • Brätlinge kleine Kartoffeln (nach Belieben)
  • Knoblauch nach Belieben
  • 1 unbehandelte Zitrone
  •  

Anleitungen
 

  • Den Ofen auf 185° C Umluft vorheizen. Das Huhn nicht waschen, sondern lediglich mit einem Küchenpapier trocken tupfen (siehe Video). Ein Backblech mit Backpapier auslegen. Die Zitrone hochkant halbieren. Das Huhn auf das Backblech legen, mit der Zitrone und dem Thymian oder Rosmarin stopfen und es danach rundherum gut mit Olivenöl massieren und anschließend je nach Geschmack mit Fleur de Sel (ca. 1 Esslöffel) rundherum einreiben. Das Huhn auf mittlerer Schiene in den Ofen setzen und für 80-90 Minuten (je nach Power des Ofens) backen. Das Huhn sollte nach Ende der Backzeit goldgelb, innen saftig und außen knusprig sein. Wenn du dir unsicher bist: die Kerntemperatur sollte ca. 80-85° C betragen.
  • Das Gemüse (optional) putzen und in grobe Stücke schneiden. Die ganze Knoblauchknolle in der Mitte halbieren und mit dem restlichen Gemüse auf ein Backblech geben. Mit Olivenöl, Kräutern und Meersalz würzen. Nach der Hälfte der Garzeit des Huhns mit in den Ofen schieben und beides fertig garen.

Notizen

Zu meinem Huhn aus dem Ofen geht weintechnisch wirklich fast alles. Erst neulich haben wir dazu einen Franciacorta, genauer gesagt einen Blanc de Noirs von Nicola Gatta, getrunken – ausgesprochen geil! Genauso gut geht aber auch ein würziger Spätburgunder mit feiner Frucht, leicht gekühlt serviert, oder ein knackiger Riesling. Go crazy, tu was dir schmeckt. Der richtige Wein setzt dem Huhn-Schmankerl aber definitiv die Krone auf.
Keyword Brathähnchen, Huhn aus dem Ofen

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Eure Lou

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Deine Lou

Über die Autorin

Louisa Maria Schmidt (aka Lou) schreibt auf ihrem Blog über Wein und erklärt in Kurzvideos auf Instagram, auf was es bei Wein wirklich ankommt. In der Gastronomie groß geworden, studierte sie Internationale Weinwirtschaft an der Hochschule Geisenheim. Heute arbeitet sie als Wine Consultant und Content Creatorin für PR-Agenturen, Online- und Printmagazine sowie Weingüter.

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6 Antworten

    1. Matteo! Du musst mir unbedingt berichten, ob es dir gelungen ist! Ich könnte auch schon wieder loslegen! Haha!
      Ist aber auch einfach zu lecker. Reste unbedingt für Hühnerfrikassee aufheben!

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