Wein aus der Schweiz – Weinanbaugebiete, Rebsorten & Probiertipps

Im Rahmen des von SWISS WINE organisierten Events „Am Puls der Ernte“ durfte ich das Weinland Schweiz besuchen. Und was soll ich sagen – ich habe mich ein kleines bisschen in die Schweizer Weine, die einzigartigen Weinbergslagen, die Menschen und die Kulinarik verliebt. Was die Schweiz als Weinbauland so besonders macht, welche Weinanbauregionen und Rebsorten es in der Schweiz überhaupt gibt und welchen Wein die Schweizer selbst am liebsten trinken – darüber sprechen wir im heutigen Blogbeitrag.

Am Puls der Ernte ist ein von Swiss Wine organisiertes Event bei dem interessierte und weinaffine Endverbraucher die einzigartige Möglichkeit haben, mit ausgesuchten Schweizer Winzern und deren Familien bei der Weinlese mitzuhelfen, um ein Gefühl für die Arbeit im Weinberg zu bekommen.


Das Weinanbauland Schweiz – klein, aber oho!

Atemberaubende Ausblicke, fotogene Kühe, kristallklare Bergseen und spektakuläre Wanderwege. So kennen und lieben wir die Schweiz. Doch es gibt noch etwas, das die Schweiz besonders und eine Reise dorthin extrem lohnenswert macht. Nein, die Rede ist nicht von geschmolzenem Käse in Form von Fondue und Raclette. Die Rede ist von Schweizer Wein.

Das extrem kleinstrukturierte Weinbauland Schweiz mit einer Gesamtrebfläche von 15.000 Hektar (größentechnisch vergleichbar mit dem deutschen Weinanbaugebiet Baden), dem Anbau von über 250 verschiedenen Rebsorten und den unterschiedlichsten Klimata auf kleinstem Raum, von alpin-kontinental bis mediterran geprägt, gehört zweifelsohne zu den facettenreichsten Weinbauländern der Welt. Verrückt – wenn man bedenkt, dass der Schweizer Weinbau gerade einmal 0,2 % der weltweiten Weinproduktion ausmacht. Dabei werden 15 % der gesamten Rebflächen der Schweiz ökologisch zertifiziert (vornehmlich durch das Label „Knospe“ des Verbands Bio Suisse) bewirtschaftet.

Insgesamt gibt es in der Schweiz 26 Kantone, und in jedem wird Wein angebaut. Im Grunde genommen ist aber immer von 6 Weinbauregionen die Rede, die fast alle durch die spektakulären und atemberaubend schönen Seen der Schweiz geprägt sind, an deren Ufern man überall Wein findet.


Die 6 Schweizer Weinanbauregionen im Profil – Vielfalt auf kleinstem Raum!

Wallis – steile Weinbergterrassen im Herzen der Alpen!

Das Wallis ist mit ca. 5.000 Hektar Rebfläche die größte der 6 Weinbauregionen der Schweiz. In der Walliser AOC sind 31 weiße und 22 rote Rebsorten zugelassen. Zu den mengenmäßig am stärksten vertretenen Rebsorten gehören im Rotweinbereich Pinot Noir (aka Spätburgunder) und Gamay. Im Weißweinbereich ist die Rebsorte Chasselas, die hier Fendant genannt wird, die unangefochtene Nummer Eins. Das Wallis hat die größte Vielfalt an autochthonen, also heimischen Rebsorten und ist zudem die sonnenreichste und zugleich trockenste Weinbauregion der Schweiz. Landschaftlich beeindruckt das Wallis durch sehr steile und querterrassierte Weinbergslagen, die landschaftlich an die Terrassenmosel und an das Duoro-Tal erinnern.

Mein Probiertipp: Les Celliers de Sion, Marie-Thérèse Chappaz


Waadt – wo Chasselas zuhause ist!

Die Weinbauregion Waadt reiht sich größentechnisch mit ca. 4.000 Hektar gleich nach dem Wallis ein. Die Reben wachsen hier entlang des Genfer-, Neuenburger- und Murtensees auf mitunter sehr steilen Weinbergterrassen. Die Waadt ist die einzige Weinbauregion in der Schweiz, in der mehr weiße als rote Rebsorten wachsen. Dabei ist eigentlich immer nur von einer Rebsorte die Rede – dem Chasselas (aka Gutedel). Insbesondere das Weinanbaugebiet Lavaux, welches seit 2007 Weltkulturerbe ist, gehört nicht nur zu den schönsten Gebieten der Weinanbauregion Waadt, sondern ist zugleich die größte zusammenhängende Weinanbaufläche der Schweiz. Über 75 % von dem, was hier wächst, ist Chasselas. Experten munkeln sogar, dass hier auch die besten Chasellas-Exemplare der Schweiz herkommen.

Mein Probiertipp: Gebietsvinothek Vinorama, Domaine Louis Bovard


Genf – im Wandel!

Bedingt durch das besondere Klima der Genfer Weinbauregion, das geprägt ist durch die Voralpen, die Nähe zum Jura, den mächtigen Genfer See und die Rhone, werden in Genf nicht mehr nur die traditionellen Rebsorten wie Gamay und Chasselas angebaut. Von immer größerer Bedeutung, gemessen an der stetig wachsenden Anbaufläche, ist die rote Rebsorte Gamaret, eine Kreuzung und somit Neuzüchtung (PIWI) aus Gamay und Reichensteiner! Ein Teil der Genfer Weinberge, genauer gesagt 122 von ca. 1.500, befinden sich in einer sogenannten Freizone – die Weine, die hierher kommen, werden unter AOC Genéve vermarktet.

Mein Probiertipp: Domaine de Chevillard


Drei-Seen-Region – 3 x See, 3 x anders!

Die Weinbauregion Drei-Seen-Land umfasst ca. 930 Hektar Rebfläche und erstreckt sich über die drei Kantone Neuenburg (ca. 605 Hektar), den Bielersee im Kanton Bern (222 Hektar) und Freiburger Vully (105 Hektar), die in ihren Charakterzügen und jeweiligen Identitäten, stets geprägt durch die Seenlandschaften, nicht unterschiedlicher sein könnten. Über 50 % der gesamten Produktion der Drei-Seen-Region entfällt auf die Rebsorte Pinot Noir (aka Spätburgunder) – Tendenz steigend. Ein weiteres Merkmal der Drei-Seen-Region ist der verhältnismäßig hohe Anteil an ökologisch bewirtschafteten Rebflächen. Insgesamt macht die ökologische Bewirtschaftung hier nämlich über 20 % aus und liegt damit über dem nationalen Durchschnitt der Schweiz.

Mein Probiertipp: Schmutz Vins, Spiezer Alpine Weinkultur – Rebbau Spiez Genossenschaft


Deutschschweiz – Pinot Noir, Pinot Noir!

Die Weinbauregion Deutschschweiz umfasst 16 Weinbaukantone, also Weinbaugebiete, und lässt sich in den westlichen Teil mit den Kantonen Basel (105 Hektar) und Aargau (400 Hektar), in den mittleren Teil mit den Kantonen Zürich (607 Hektar), Schaffhausen (90 Hektar) und Thurgau (270 Hektar) sowie in den östlichen Teil mit den Kantonen Graubünden (410 Hektar) und St. Gallen (220 Hektar) einteilen. Das, was alle Kantone bzw. Weinbaugebiete der Weinbauregion Deutschschweiz verbindet, ist die Liebe zu einer ganz bestimmten Rebsorte – dem Pinot Noir (aka Spätburgunder).

Mein Probiertipp: Weingut Studach, Weingut Adank


Tessin – Alpen, Palmen und Merlot!

Die italienischsprachige Weinbauregion der Schweiz, das Tessin, ganz in der Nähe des Lago Maggiore gelegen mit einer Gesamtrebfläche von ca. 1.100 Hektar, ist bedingt durch viel Sonnenschein und das maritime Klima insbesondere für eine Rebsorte prädestiniert – den Merlot. Das Tessin ist ohne Zweifel Rotweinland – gerade einmal 9 % der Anbaufläche entfallen auf weiße Rebsorten, darunter Chardonnay, Sauvignon Blanc, Viognier und Bondola. Mit einem Zuwachs um fast 20 % in den letzten 20 Jahren ist das Tessin zudem die Weinanbauregion in der Schweiz mit dem größten Flächenwachstum.

Mein Probiertipp: Tenuta Agricola Luigina


Die Rebsorten der Schweiz

War man einmal zu Besuch im Weinland Schweiz, könnte man fast meinen, dass das Land mehr Rebsorten als Berggipfel besitzt. Dabei ist die Schweiz in punkto Weinanbau nicht nur innovativ, sondern auch ganz schön vielfältig, denn hier wachsen über 250 verschiedene Rebsorten. Darunter internationale Paradebeispiele wie Merlot, Pinot Noir (aka Spätburgunder), Gamay oder Chardonnay. Aber auch etliche heimische (autochthone) Rebsorten wie Gamaret, Garanoir oder Cornalin sind vertreten. Ebenso findet man in der Schweiz immer noch Rebsorten, deren Herkunft nach wie vor nicht geklärt ist, die mal hier und mal dort wuchsen und schlussendlich in der Schweiz ein neues Zuhause gefunden haben. Darunter beispielsweise die weiße Bukettrebsorte Petite Arvine, die ich im Weingut Les Celliers de Sion im Wallis mit herrlicher Aussicht auf die Alpen verkosten durfte, oder der längst vergessene Räuschling, aus dem spritzige und zitrusbetonte Weißweine entstehen und den man ausschließlich im Kanton Zürich findet.


PIWIS  auf dem Vormarsch

Neben internationalen, autochthonen und längst vergessenen Rebsorten setzen die Schweizer Weinbauern immer mehr auf neue, innovative Rebsorten, die sogenannten PIWIs (Kurzform für„pilzwiderstandsfähige Rebsorten“). Rebsorten wie Solaris oder Souvignier gris sind toleranter bzw. robuster gegenüber diversen Krankheiten und müssen aufgrund dessen weniger gespritzt werden, auch sind die Intervalle zwischen den einzelnen Spritzungen größer als bei konventionellen Rebsorten.

Scheut man sich bei uns in Deutschland aus vermarktungstechnischen Gründen, PIWIs anzupflanzen, weil der Kunde mit den Rebsorten schlicht und ergreifend nichts anzufangen weiß, steht in der Schweiz bereits ein neu bestockter Weinberg. Das Schweizer Traditionsunternehmen Zweifel mit Sitz im Kanton Zürich zeigt gleichermaßen eindrucksvoll wie erfolgreich, dass und wie die Umstellung auf PIWIs und deren anschließende Vermarktung funktionieren kann. Sie etikettieren ihre Weine nicht nach der Rebsorte, sondern geben ihnen ganz einfach einen Fantasienamen. Bestes Beispiel ist Zweifels „Risecco Blanc Brut“. Ein Perlwein mit zugesetzter Kohlensäure, der unter anderem aus der pilztoleranten Rebsorte Vidal Blanc besteht. Der spritzig-frische Sprudler wurde in Kombination mit einem frechen und jugendlichen Etikett innerhalb kürzester Zeit zum Verkaufsschlager der Familie Zweifel. PIWIs hin, PIWIs her. Es funktioniert – und die Schweiz zeigt, wie.

Die unangefochtene Nummer Eins der Schweizer Rebsorten im Weißweinbereich ist übrigens Chasselas (61 %), gefolgt von Müller-Thurgau (8 %) und Chardonnay (6 %). Im Rotweinbereich macht der Pinot Noir (49 %) das Rennen, dann folgen Gamay (15 %) und Merlot (14 %).


Chasselas – der Wein, den die Schweizer trinken!

Ob als leichter und fruchtbetonter Aperitif, zur Walliser Platte (das Vesper der Schweizer mit luftgetrocknetem Schinken, Käse und Roggenbrot), zu einem original Schweizer Raclette und Fondue oder einfach nur so – ein gutes Glas Chasselas (aka Gutedel) geht einfach immer. Nicht umsonst wird er im Volksmund auch als der „Hauswein der Schweiz“ bezeichnet.


Wo wächst Chasselas?

Die Rebsorte Chasselas wird auf insgesamt 3.733 Hektar in der Schweiz angebaut. Einzelne Bestände findet man in nahezu jeder Weinbauregion der Schweiz. Besonders prädestiniert und mengenmäßig ganz vorne mit dabei sind das Wallis, die Waadt, Genf und die Drei-Seen-Region.


Wie schmeckt Chasselas?

„Chasselas schmeckt langweilig, hat keinen Charakter, keine Säurestruktur und ist erst recht nicht lagerfähig.“ So ein Quatsch! Aus Chasselas entstehen sehr finessenreiche und elegante, ja man könnte schon fast sagen diskrete Weißweine. Chasselas gehört nicht zu den lauten, sondern zu den leisen Rebsorten. Und ja, Chasselas ist immer moderat in Alkohol und Säure und dadurch besonders bekömmlich. Bekömmlichkeit geht aber auf keinen Fall Hand in Hand mit langweilig. Denn Chasselas versteht es, durch seinen Gentlemen-Charakter die umliegende Umgebung und das vorherrschende Terroir besonders gut zum Ausdruck zu bringen. So kommt es, dass es in der Schweiz eine ganze Bandbreite verschiedenster Chasselas-Stilistiken gibt. Von leicht, frisch und fruchtbetont bis hin zu finessenreich, elegant, komplex und salzig – die Königin unter den Schweizer Rebsorten kennt keine Tabus und überzeugt durch Ruhe und Kraft.

Ganz typisch für Chasselas sind übrigens Aromen von Birne, Zitronenzeste, Butter, Feuerstein und weißen Blüten. Trinkt man gereiften Chasselas – ja, guter Chasselas kann ohne Probleme 10 – 20 Jahre auf der Flasche reifen, ohne an Frische einzubüßen –, erinnern die Aromen zumeist an getrocknete Aprikosen, geröstete Mandeln, Honig und Salzzitronen.


Was ist der Unterschied zwischen Chasselas und Fendant?

Und was ist mit Fendant? Fendant ist ganz einfach ein weiteres Synonym für die Rebsorte Chasselas bzw. Gutedel und wird unter diesem Namen ausschließlich in der Weinbauregion Wallis produziert. Im Wallis hat so ziemlich jeder Winzer einen Fendant auf der Karte, denn er gilt als der perfekte Wein zu Schweizer Raclette und Käsefondue.

Mein Tipp: Wenn du jetzt richtig Lust bekommen hast, die Rebsorte Chasselas besser kennenzulernen und in absehbarer Zeit in der Schweiz sein solltest, dann empfehle ich dir, der Gebietsvinothek Vinorama einen Besuch abzustatten. Hier in der Weinbauregion Waadt, in Lavaux direkt am Genfer See, hast du bei Vinorama die Möglichkeit, über 340 Weine (vorwiegend Chasselas) von insgesamt 140 verschiedenen Winzern zu verkosten.


Das Weinanbauland Schweiz – 10 Fakten auf einen Blick! 

  • Das Weinland Schweiz umfasst eine Gesamtrebfläche von 15.000 Hektar, das entspricht in etwa der Gesamtrebfläche des deutschen Weinanbaugebiets Baden.
  • Der Schweizer Weinbau macht ca. 0,2 % der weltweiten Weinproduktion aus.
  • 15 % des Schweizer Weins stammt aus ökologisch zertifizierten Weinbergen.
  • Insgesamt gibt es 6 Weinanbauregionen in der Schweiz.
  • Die größte Weinanbauregion der Schweiz ist das Wallis.
  • In der Schweiz wachsen über 250 verschiedene Rebsorten.
  • Der Wein, den die Schweizer trinken, ist der Chasselas.
  • Chasselas ist eine weiße Rebsorte und heißt in der Weinbauregion Wallis „Fendant“.
  • Der beste Wein für original Schweizer Raclette und Käsefondue ist Fendant bzw. Chasselas.
  • Zu den häufigsten Schweizer Rotweinen zählen Merlot, Gamay und Spätburgunder.

* Dieser Beitrag entstand in Zusammenarbeit mit Schweiz Tourismus 

#bringflavorhome

Grapes & Love

Deine Lou

Über die Autorin

Louisa Maria Schmidt (aka Lou) schreibt auf ihrem Blog über Wein und erklärt in Kurzvideos auf Instagram, auf was es bei Wein wirklich ankommt. In der Gastronomie groß geworden, studierte sie Internationale Weinwirtschaft an der Hochschule Geisenheim. Heute arbeitet sie als Wine Consultant und Content Creatorin für PR-Agenturen, Online- und Printmagazine sowie Weingüter.

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