Weinland Georgien: Weinwissen, Reisetipps & Empfehlungen

Über 8.000 Jahre Weingeschichte, mehr als 500 autochthone Rebsorten und eine Weintradition, die ihresgleichen sucht – die Rede ist natürlich von Georgien, der Wiege des Weins. Eines der spannendsten Weinanbauländer der Welt – und trotzdem für viele noch immer terra incognita. Zeit, das zu ändern.

Nach einer Woche zwischen Weinbergen, Qvevris und georgischen Supra-Festen kann ich sagen: Hier passiert aktuell Großes. Klar, Amber Wines aus Georgien sind längst in aller Munde – aber Georgien kann so viel mehr.

In diesem Guide bekommst du mein Georgien 101 verpasst: von der Geschichte des Landes über die wichtigsten Regionen und Rebsorten bis hin zur traditionellen georgischen Art, Wein zu machen – Stichwort Qvevri. Außerdem erfährst du, warum du unbedingt einmal eine echte Supra erleben musst. Plus: meine besten Adressen für deinen ersten Georgien-Trip:

Die Basics 

Zwischen den schneebedeckten Gipfeln des Kaukasus und den Ufern des Schwarzen Meeres liegt ein Land, das geografisch kaum vielfältiger sein könnte: Georgien. Das Land liegt im Südkaukasus, erstreckt sich über eine Fläche von knapp 70.000 Quadratkilometern und bildet praktisch die Brücke zwischen Europa und Asien. Im Norden grenzt es an Russland, im Süden an die Türkei und Armenien, im Osten an Aserbaidschan – eine Lage, die nicht nur das Klima, sondern auch die Weingeschichte des Landes nachhaltig geprägt hat.

Die Gesamtrebfläche Georgiens beträgt rund 55.000 Hektar – also knapp die Hälfte Deutschlands – verteilt auf zehn Weinregionen. Etwa 70 % der gesamten Rebfläche entfallen auf Kachetien, die größte und bekannteste Weinregion im äußersten Osten des Landes, die sich entlang des Flusses Alasani erstreckt. Kein Wunder also, dass die meisten georgischen Weine von hier stammen.

Das Besondere? In Georgien wachsen über 525 autochthone Rebsorten, von denen etwa 40 für die Produktion von Wein genutzt werden. Zum Vergleich: Deutschland zählt gerade einmal rund 140 zugelassene Rebsorten.

Zum aktuellen Zeitpunkt gibt es 32 PDOs (Protected Designations of Origin) – also geschützte Ursprungsbezeichnungen, die in Georgien Herkunft und Qualität garantieren. Sie sorgen für klare Strukturen, schützen traditionelle Anbaugebiete und stärken das Qualitätsbewusstsein im Land. Allein 20 dieser PDOs liegen in Kachetien, der größten Weinregion Georgiens. Die bekanntesten sind:

  • Mukuzani (Rotwein, Saperavi, trocken, fruchtig) – bereits im 19. Jahrhundert international ausgezeichnet.
  • Tsinandali (Weißwein, trocken, klassisch) – vermutlich die erste PDO, die exportiert und weltweit bekannt wurde.

Mein erster Stopp in Georgien war das Weingut Iago’s Winery in der Weinanbauregion Kartli, etwa 45 Minuten von der Hauptstadt Tbilisi entfernt. Kartli, im Herzen Zentralgeorgiens, ist DER Hotspot für die weiße Rebsorte Chinuri, und Iago Bitarishvili gilt als einer der Pioniere des Naturweins in Georgien.

Das Klima Georgiens

Georgien lässt sich in zwei große Klimazonen einteilen: Der Westen ist geprägt durch ein feuchtes, mildes Klima mit maritimen Einflüssen des Schwarzen Meeres. Im Osten hingegen – insbesondere in Kachetien, der größten Weinregion des Landes – dominiert ein kontinentales Klima mit heißen Sommern und kalten Wintern.

Die mächtige georgische Kaukasus-Bergkette, die in Kachetien Höhen von bis zu 4.000 Metern über dem Meeresspiegel erreicht und sich über rund 900 Kilometer erstreckt, schützt das Land vor den härtesten sibirischen Winden. So bleiben die Winter moderat, während die Sommer mediterran warm, aber nie brütend heiß sind.

Das Ergebnis: eine beeindruckende Bandbreite an Weinstilen – von frischen, lebendigen Weißweinen bis hin zu strukturierten, saftig-würzigen Rotweinen.

Gut zu wissen

Das Kaukasus-Gebirge teilt die Weinregion Kachetien in zwei Teile und sorgt für eine Art „Schotter-Dreieck“, das Böden und Weincharakter maßgeblich prägt. Viele der bekanntesten Weinregionen (PDOs) liegen daher an den Hängen im Norden und Westen Kachetiens.

Nach unserer Weinprobe bei Iago’s, reichlich gutem Essen und natürlich viel Wein ging’s für einen kleinen Verdauungsspaziergang in die ehemalige Hauptstadt Georgiens: Mtskheta. Die Stadt zählt zu den ältesten kontinuierlich bewohnten Orten Georgiens, ist ein wichtiges kulturelles und religiöses Zentrum und liegt nur etwa 20 Minuten von Tbilisi entfernt.

Mtskheta blickt auf eine Geschichte zurück, die bis ins 3. Jahrtausend v. Chr. reicht. Die Kathedrale von Svetitskhoveli, die im 11. Jahrhundert an der Stelle einer älteren Kirche aus dem 4. Jahrhundert erbaut wurde, gehört – wie viele weitere Bauten der Stadt – zum UNESCO-Weltkulturerbe. Ein Abstecher, der sich auf jeden Fall lohnt.

Die Rebsorten Georgiens

In Georgien gibt es über 500 autochthone Rebsorten – eine Vielfalt, die beeindruckt und es fast unmöglich macht, alle zu kennen. Tatsächlich dominieren jedoch nur eine Handvoll Sorten den Markt, die man sich mit ein wenig Übung leicht merken kann.

Die bekannteste rote Sorte ist ganz klar Saperavi, während es bei den weißen immer etwas auf die jeweilige Region ankommt. Einige Sorten jedoch – allen voran Rkatsiteli im Osten sowie Tsolikouri, Tsitska und Krakhuna im Westen – sind die überregionalen weißen Stars Georgiens.

Alle Rebsorten werden sowohl in klassischer – vor Ort sagt man gerne „europäischer“ – Weise als auch mit der traditionellen Qvevri-Methode ausgebaut.

Lou’s Rebsorten-Dolmetscher

Bei der Menge an Rebsorten wusste selbst ich teilweise nicht, ob das jetzt weiß, rot oder sonst was ist – geschweige denn, was man sensorisch erwarten kann.  Deshalb habe ich versucht, dir die wichtigsten autochthonen Rebsorten einmal grob mit internationalen Klassikern zu übersetzen.

Frei nach dem Motto: „Du magst gerne Chardonnay? Dann probier doch mal Mtsvane!“ Natürlich ist das nur eine kleine Orientierungshilfe – am Ende des Tages kommt es immer auf die jeweilige Interpretation des Weinguts an:

Syrah Otskhanuri Sapere
Merlot Ojaleshi
Cabernet Sauvignon Saperavi
Cabernet Franc Tavkveri
Chardonnay / Grüner Veltliner Mtsvane
Sauvignon Blanc → Goruli Mtsvane
Riesling → Tsitska
Riesling / Silvaner → Chinuri
Grüner Veltliner / Welschriesling → Rkatsiteli
Pinot Noir → Shavkapito

Nächster Stopp: Château Mukhrani – eines der ältesten Châteaux Georgiens.
Hier durfte ich selbst Trauben pressen – ganz traditionell im Satnakheli, einer großen hölzernen Presse aus einem Baumstamm. Dieser Prozess ist Teil des Rtveli, der georgischen Weinlese.

Heute wird so kaum noch gearbeitet, aber Mukhrani bewahrt diese alten Methoden wie in einem interaktiven Museum – damit die Traditionen nicht verloren gehen.

Und das Beste daran? Es hat einfach richtig Spaß gemacht. Außerdem durfte ich auch das traditionelle Brotbacken lernen. Der Teig wird im Tone, einem tiefen Tonofen, gebacken, der oft in die Erde eingelassen ist. Mit Schwung wird der Teig an die heiße Innenwand geklatscht, wo er in wenigen Minuten knusprig backt. Bei mir sah das Ganze zwar eher nach einem mittelschweren Verkehrsunfall aus – aber der Wille war da.

Zum Abschluss haben wir natürlich die Weine von Château Mukhrani verkostet – mit reichlich Essen und bester Gesellschaft. Mein Favorit: der georgische Tomaten-Gurken-Salat mit frischen Kräutern wie Dill, Koriander und Petersilie, angemacht mit Zitronensaft, Sonnenblumenkernöl und oft etwas Walnusspaste. Dazu ein Gläschen Goruli Mtsvane – und et läuft! 

Die wichtigsten Weinanbauregionen im Schnellcheck

 

Kachetien – der WeinHotspot Georgiens

Kachetien ist das Herzstück des georgischen Weinbaus – rund 70 % aller Reben des Landes wachsen hier. Die besten Lagen liegen in den fruchtbaren Tälern des Alazani- und Iori-Flusses auf 400–700 m ü. M., auf humusreichen, kalkhaltigen und alluvialen Böden.
Die Region gliedert sich in zwei Subzonen: Shida Kakheti (Inneres Kachetien) im Westen und Gare Kakheti (Äußeres Kachetien) im Osten. Während Shida Kakheti eher frische, ausgewogene Weine hervorbringt, stehen die kräftigeren, extraktreichen Rotweine meist aus dem wärmeren Gare Kakheti.

Von den derzeit 32 geschützten Ursprungsbezeichnungen (PDOs) Georgiens stammen allein 20 aus Kachetien – darunter bekannte Namen wie Tsinandali, Mukuzani, Kindzmarauli, Napareuli und Kvareli.

Die wichtigsten Rebsorten sind Rkatsiteli, Kakhuri Mtsvane, Kisi, Khikhvi und natürlich Saperavi – die rote Leitrebsorte Georgiens, aus der sowohl traditionelle Qvevri-Weine als auch „europäisch“ interpretierte Rot-, Rosé- und Schaumweine entstehen.

 

Kartli – Chinuri, Chinuri, Chinuri

Nur eine knappe Stunde von Tiflis – der Hauptstadt Georgiens – entfernt liegt die Region Kartli, das zentrale Plateau des Landes. Die Weinberge ziehen sich entlang der Flüsse Mtkvari, Liakhvi und Ksani auf 450–700 m ü. M. Das Klima ist kontinental geprägt – mit warmen Tagen, kühlen Nächten und moderatem Niederschlag – ideale Bedingungen für frische, elegante und klar strukturierte Weine.

Kartli ist bekannt für seine Still- und Schaumweine, die sich deutlich von den kraftvollen Weinen Kachetiens unterscheiden. Neben internationalen Sorten wie Chardonnay, Sauvignon Blanc, Merlot und Riesling wachsen hier vor allem autochthone weiße Rebsorten wie Chinuri, Goruli Mtsvane und Budeshuri sowie rote wie Tavkveri, Shavkapito und Saperavi.

Besonders berühmt ist die geschützte Ursprungsbezeichnung Atenuri für ihren traditionellen georgischen Schaumwein – meist aus den weißen Rebsorten Chinuri, die sich durch ihre prägnante Säurestruktur auszeichnet (ideal für die Schaumweinherstellung), und Goruli Mtsvane.

Einer der Pioniere der Region ist Iago Bitarishvili (Iago’s Winery) – ein Winzer, der mit Chinuri im Qvevri arbeitet und zeigt, wie modern und lebendig Tradition schmecken kann.

 

Imeretien – das grüne Herz Georgiens

Je weiter man Richtung Westen fährt, desto weicher wird das Land – sanfte Hügel, sattes Grün, feuchte Luft vom Schwarzen Meer. Imeretien wird geprägt durch maritime Einflüsse. Die Böden sind lehmhaltig und durch die erhöhten Niederschlagsmengen besonders schwer und fruchtbar.

In Imeretien dominieren weiße Rebsorten wie Tsitska, Tsolikouri und Krakhuna, die leichte, fruchtbetonte Weine mit feinen floralen Noten hervorbringen. Die Region ist außerdem bekannt für ihre harmonischen Cuvées – etwa Sviri, ein Blend aus den drei genannten Sorten, der aufgrund seines harmonischen und ausgewogenen Charakters besonders beliebt ist.

 

Racha-Lechkhumi – kühle Eleganz

Im Nordwesten Georgiens, eingebettet zwischen den Bergen des Großen Kaukasus, liegt Racha-Lechkhumi – eine eher abgelegene Region, die sich von allen anderen Weinbaugebieten des Landes unterscheidet. Denn die terrassierten und kleinparzellierten Weinberge befinden sich zumeist an den teils sehr steilen Hängen des Rioni-Flusstals.

In Racha wachsen Rebsorten mit Seltenheitswert – darunter Aleksandrouli, Mujuretuli, Usakhelauri, Orbeluri und Rachuli Dzelshavi. Besonders bekannt ist die Subregion Khvanchkara, berühmt für ihre halbtrockenen Rotweine aus Aleksandrouli und Mujuretuli, die hier vornehmlich auf Kalkstein wachsen – saftig, weich und mit feiner Fruchtsüße.

Im benachbarten Lechkhumi liegt die Mikrozone Tvishi, in der aus der weißen Sorte Tsolikouri ein halbtrockener Weißwein entsteht. Das Klima mit sehr kühlen Nächten und warmen Tagen sorgt für eine perfekte Balance zwischen Frische, Süße und Säure – ein Stil, der fast nur hier funktioniert.

Zwar sind beide Subregionen traditionell für den halbtrockenen Stil bekannt, doch wie im ganzen Land bauen immer mehr Weingüter ihre Weine bewusst trocken aus. Aus der roten Rebsorte Aleksandrouli, die hier vornehmlich auf Kalkstein wächst, entstehen in Kombination mit dem kühlen, gemäßigten Klima unfassbar elegante und feine Rotweine mit Saft und Struktur – wie man sie normalerweise nur aus dem Burgund kennt. Eine meiner Entdeckungen vor Ort – und absoluter Probiertipp – ist der trocken und im Qvevri ausgebaute Aleksandrouli aus Racha von Naberauli.

 

Meskheti – Weinbau zwischen den Wolken

In Meskheti wird Weinbau zur Grenzerfahrung – denn hier wachsen die Reben auf 900 bis 1.700 Metern Höhe, an teils schwindelerregend steilen Hängen. Auf uralten Steinterrassen, den sogenannten Oroko, Dariji, Bakani und Saqve, wird noch heute wie vor Jahrhunderten gearbeitet – meist in Handarbeit, oft mit einfachen Werkzeugen.

Meskheti zählt zu den ältesten Weinbaugebieten Georgiens. Viele Forschende vermuten sogar, dass einige der heute bekanntesten autochthonen Sorten – darunter Saperavi, Dzvelshavi und Khikhvi – ursprünglich aus dieser Region stammen könnten.

Das Zusammenspiel aus kühlen Nächten, intensiver Sonneneinstrahlung am Tag und den vielschichtigen Böden – vornehmlich Ton- und alluvialen Böden – ergibt Weine mit einer ausgeprägter Frische, feiner Würze und klarer Struktur.

 

Die Schwarzmeerküste – Weinbau zwischen Meer & Bergen

Entlang der Schwarzmeerküste – von Abchasien über Gurien und Samegrelo bis nach Adscharien – herrscht ein subtropisches, feucht-warmes Klima. Die Weinberge liegen nur wenige Meter über dem Meeresspiegel und steigen bis auf etwa 500 Meter Höhe an.

Hier entstanden einige der ältesten Weinzentren Georgiens: In der antiken Kolchis-Region, dem heutigen Westgeorgien, wurde bereits in der Antike Wein kultiviert. Heute wachsen hier Rebsorten wie Chkhaveri, Ojaleshi, Jani, Mtevandidi oder Krakhuna, die leichte, fruchtige und duftige Weine hervorbringen.

Während in Gurien und Samegrelo der Weinbau von Pionieren wie dem Schotten Jacob Mar und dem Franzosen Achille Murat europäisch vorangetrieben und maßgeblich geprägt wurde, erlebt die Region derzeit eine kleine Renaissance: Alte Rebsorten werden wiederentdeckt, Weinberge neu angelegt, und Winzer:innen besinnen sich zunehmend auf das, was einmal war.

Am nächsten Tag ging es für uns weiter nach Kachetien – die größte Weinbauregion Georgiens, im äußersten Osten des Landes, zu Füßen des Kaukasus.
Unser erster Stopp: Château Mere, wo wir uns mit Besitzer George Piradashvili getroffen haben – ein großartiger Gastgeber, der uns mit offenen Armen empfangen hat. Es fühlte sich an wie eine kleine private Weinprobe im Wohnzimmer der Familie.

Seine Weine sind meist ein Mix aus autochthonen, also einheimischen Rebsorten, und internationalen Klassikern. Besonders gut gefallen hat mir der Rosé – eine Cuvée aus Cabernet Franc und Saperavi.

Gut zu wissen

Obwohl Georgien mit über 8.000 Jahren Weinbautradition als die Wiege des Weins – und damit als eines der ältesten Weinanbauländer der Welt – gilt, ist es gleichzeitig auch eines der jüngsten.

Denn während der Sowjetzeit stand die Weinproduktion jahrzehntelang ganz im Zeichen der Massenproduktion. Man entdeckte damals, dass Georgien zu den besten Weinproduzenten innerhalb der Union gehörte. Gemeinsam mit moldawischem Wein galt georgischer Wein als qualitativ der hochwertigste – und war zugleich der beliebteste.

Doch die Produktion verlagerte sich auf die ertragreichsten Rebsorten, vor allem Rkatsiteli und Saperavi, die in riesigen Mengen hergestellt wurden.

Die echte georgische Weinkultur blieb also fast nur in den Haushalten erhalten. Denn die traditionelle Qvevri-Methode war für die industrielle Massenproduktion zu aufwendig – sie erforderte viel Handarbeit und ließ sich nicht in großem Stil umsetzen. Deshalb wurde Qvevri-Wein während der Sowjetzeit fast ausschließlich privat, im familiären Rahmen produziert.

In Regionen wie Kachetien oder Imeretien hatte praktisch jede Familie ihre eigene kleine Kellerei. Man produzierte Wein für den Eigenbedarf, nicht zum Verkauf – und genau diese Hausweine bewahrten die jahrtausendealte Tradition.

Erst nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion begann ein tiefgreifender Wandel mit Fokus auf Qualität, Authentizität und Herkunft. Heute steht Georgien sinnbildlich für den Neuanfang durch Rückbesinnung. Vielleicht ist genau das das Geheimnis georgischer Weine – sie schmecken nach Geschichte und Aufbruch zugleich.

Die traditionelle georgische Weinbereitung im Qvevri

Aus Georgien stammen nicht nur Weißweine und Rotweine, sondern auch Schaum- und Likörweine. Ein Teil der Rot- und insbesondere der Weißweine wird nach der „traditionellen georgischen Art“ bzw. nach „traditionellen georgischen Methoden“ hergestellt. Gemeint ist damit Wein, der in konischen, also kegelförmigen Gefäßen aus Ton (aka  Qvevri) ausgebaut wird.

Dabei passiert im Grunde genommen genau das Gleiche wie bei der Maischegärung, wie wir sie aus der Rotweinherstellung kennen – mit dem einzigen Unterschied, dass der Most nach der vollständigen Gärung mitsamt Beerenschalen, Kernen und Stielen in der Qvevri für weitere fünf bis sechs Monate verbleibt.

Danach wird der Wein von der Maische – also dem Gemisch aus Beerenschalen, Kernen und Stielen – getrennt und zur weiteren Reifung (in der Regel rund zwölf Monate) in eine andere Qvevri gefüllt. Diese Gefäße werden traditionell im Boden eingelassen bzw. eingegraben, um auf natürliche Weise eine konstante Temperatur während des gesamten Herstellungsprozesses zu gewährleisten.

Doch auch in Georgien machen sich die Auswirkungen des Klimawandels zunehmend bemerkbar. In einigen Regionen führen die steigenden Temperaturen inzwischen dazu, dass die Qvevri teilweise mit technischen Hilfsmitteln gekühlt werden müssen.

Als Nächstes haben wir dem Qvevri-Macher Zaza Kbilashvili einen Besuch abgestattet – um von ihm alles über die Kunst der Qvevri-Herstellung zu erfahren und natürlich auch, um die darin ausgebauten Weine zu verkosten. Das Gebäude, das du draußen auf dem Foto siehst, ist übrigens der Ofen, in dem die Qvevris gebrannt werden.

Das Ergebnis sind Weine mit Power und Präsenz, die sich durch eine kräftige Tanninstruktur und ein markantes Aromenspektrum auszeichnen. Weißweine, die diese Gärung, Reifung und Lagerung durchlaufen, schillern orange, fast bernsteinfarben, und sind international als „Orange Wines“ (auch „Amber Wines“) bekannt.

Die Weinherstellung im Qvevri ist eine uralte Tradition, die seit mindestens 8.000 Jahren praktiziert wird und eng mit der georgischen Kultur und Identität verbunden ist. Heute erlebt die „traditionelle georgische Methode“ eine regelrechte Renaissance – nicht nur in Georgien, sondern weltweit. Seit 2013 gehört die Weinherstellung im Qvevri offiziell zum UNESCO-Weltkulturerbe.

Und obwohl hierzulande fast ausschließlich über die „traditionelle georgische Methode“ und Qvevris gesprochen wird, machen Qvevri-Weine trotz ihrer internationalen Bekanntheit nur rund vier bis fünf Prozent der gesamten georgischen Weinproduktion aus.

Die meisten Weingüter haben vielleicht ein bis zwei Prozent Qvevri-Anteil – wenn überhaupt. Nur einige wenige, spezialisierte Produzenten arbeiten ausschließlich damit.

Unser letzter Stopp des Tages: Teliani Valley. Eines der größten Weingüter Georgiens – und trotzdem irgendwie sympathisch unaufgeregt. Die Kellerei liegt in Telavi, mitten in Kachetien, und bewirtschaftet rund 700 Hektar eigene Weinberge. Teliani Valley zeigt ziemlich gut, wie moderner georgischer Weinbau heute aussieht: tief verwurzelt in Tradition, aber mit einem klaren Blick nach vorn. Große Vielfalt und viel Experimentierfreude.

Qvevri – Don’t call it Amphore

Ein Qvevri ist ein traditionelles georgisches Tongefäß, das für die Gärung, Reifung und Lagerung von Wein verwendet wird. Qvevris haben eine konische, also leicht kegelförmige Form und ein Fassungsvermögen von etwa 100 bis 3.000 Litern, wobei das durchschnittliche Fassungsvermögen rund 2.000 Liter beträgt.

Sie werden aus einer speziellen Tonart hergestellt, deren Zusammensetzung je nach Herkunft des Materials variiert – und sich somit auch von Qvevri-Macher zu Qvevri-Macher unterscheidet. Der Geschmack der Weine soll durch die einzigartige Form und die chemische Zusammensetzung des Tons maßgeblich beeinflusst werden.

Früher hatte fast jede Familie in Georgien ihren eigenen kleinen Weinkeller, den sogenannten Marani, in dem mehrere Qvevris im Boden eingelassen waren. Weinmachen war Teil des Alltags – so selbstverständlich wie Brotbacken. Der Marani war (und ist) ein heiliger Ort, oft mit einem Kreuz oder anderen religiösen Symbolen gekennzeichnet.

Die Herstellung eines Qvevris ist dabei ziemlich aufwendig – und reine Handarbeit. Die Produktion eines einzigen Gefäßes dauert drei bis vier Monate. Der Prozess beginnt mit einem speziellen Ton, der in Georgien nur an bestimmten Orten abgebaut werden kann. Der Töpfer formt das Qvevri von unten nach oben, Schicht für Schicht – jede Lage muss erst vollständig trocknen, bevor die nächste aufgetragen werden kann. Das erfordert enorme Geduld, Präzision und handwerkliches Können.

Ist das Gefäß fertig geformt, wird es in einem großen Ofen gebrannt, der traditionell mit Weinreben und Holz befeuert wird. Der Brand dauert mehrere Tage, die Temperaturen steigen dabei auf weit über 1.000 Grad Celsius.

Viele Qvevri-Töpfer – wie etwa Zaza Kbilashvili, einer der bekanntesten Meister seines Fachs – fertigen nur ein bis drei Stück pro Jahr. Wirtschaftlich ist das jedoch kaum tragbar, denn ein Qvevri kostet je nach Größe zwischen 1.000 und 3.000 Euro. Doch wie Zaza selbst sagt: „Ich bin Künstler, kein Geschäftsmann.“

Bei Anapea Village hatte ich die Möglichkeit, einmal selbst einen Blick in die Qvevris zu werfen. Hier siehst du den Most zusammen mit den Beerenschalen, Kernen und Stielen besonders gut.

Die Georgische Küche & der Wein – eine untrennbare Verbindung

Wer Georgien verstehen will, muss essen. Und zwar richtig. Die georgische Küche ist üppig, vielfältig und absolut köstlich. Die Einflüsse aus Armenien, der Türkei, Aserbaidschan und Russland verschmelzen hier, im Südkaukasus, zu etwas völlig Eigenem. Und Wein ist dabei nicht einfach nur ein Getränk – er ist ein zentraler Bestandteil der georgischen Esskultur.

Oder, wie man hier sagt: „Wein ist für uns nicht einfach nur ein alkoholisches Getränk – er ist Weisheit, Philosophie und Kultur.“

Im Alltag trinken Georgier:innen übrigens eher selten. Anders als in Europa, wo „ein Glas Wein zum Mittagessen“ ganz selbstverständlich dazugehört, wird Wein in Georgien fast ausschließlich zu besonderen Anlässen geöffnet – und diese Anlässe heißen Supra.

Die Supra ist weit mehr als nur eine Festtafel. Sie ist das Herzstück der georgischen Feierkultur – ein festlicher Rahmen, in dem Wein, Essen, Musik und Gemeinschaft zu einer einzigartigen Einheit verschmelzen. Ob Hochzeit, religiöser Feiertag oder wichtiges Familienereignis: Jede Supra folgt einem bestimmten Ablauf, jeder Toast hat Bedeutung.

Im Mittelpunkt steht der Tamada, der Tafelmeister oder auch „Toastmaster“. Er ist Zeremonienleiter, Redner und Stimmungsregisseur zugleich. Der Tamada kennt jeden Gast, erinnert sich an Namen und Geschichten, hält strukturierte Toasts, koordiniert Musik und sorgt dafür, dass das Fest in Balance bleibt – zwischen Freude, Rausch und Besinnlichkeit.

Eine Supra kann übrigens gewaltige Ausmaße annehmen: 250 Gäste gelten als klein, 800 als ganz normal.

Die Magie einer Supra liegt in ihrem Rhythmus. Nicht nur Wein und Essen sind aufeinander abgestimmt – die gesamte Feier folgt einem Fluss aus Toasts, Musik und Emotionen. Dabei geht es beim Trinken nie ums Betrinken, sondern ums ehrliche Sprechen: um Wünsche, Hoffnung, Liebe und Dankbarkeit. Bei einer Supra wird nur das ausgesprochen, was man wirklich im Herzen trägt.

Das ist die eigentliche Kunst der Supra – und der Grund, warum sie mehr ist als ein Fest: Sie ist gelebte georgische Seele, die mich mehr als einmal zu Tränen gerührt hat.  

Eine meiner Highlights war unsere letzte Station: das Weingut Khrabea – hier habe ich nicht nur eine Menge über die georgische Geschichte gelernt, sondern auch über die Traditionen des Weinlands Georgien.

Besonders beeindruckend: die Führung durch den traditionsreichen Keller mit einer Gesamtlänge von etwas mehr als sieben Kilometern, der einst von der Sowjetunion gebaut wurde.

Und natürlich durfte ich wieder selbst Hand anlegen – von Adjaruli Khachapuri über Churchkhela, die traditionelle georgische Süßigkeit aus Nüssen und eingedicktem Traubensaft, bis hin zu meinen ersten Khinkali, die ich (fast!) perfekt gefüllt und gedreht habe.

Und immer, wenn man denkt: „Ja, aber jetzt war’s das doch, oder?“, schwingt die Küchentür wieder auf – und weiter geht’s. Das war das erste Mal in meinem Leben, dass ich regelrecht „Angst“ vor noch mehr Essen hatte.

Meistens beginnt alles mit den kalten Vorspeisen, gefolgt von ein paar Zwischengängen, um schließlich mit einer Reihe warmer Speisen – und natürlich süßer Desserts – abzuschließen. Die Gerichte stehen überall auf dem Tisch, ganz nach dem Motto: Sharing is caring.  Ein paar Klassiker der georgischen Küche, die du unbedingt probieren solltest:

  • Badrijani Nigvzit – aufgerollte Auberginen, gefüllt mit Walnusspaste, Knoblauch und Kräutern, garniert mit Granatapfelkernen.
  • Pkhali – verschiedene Gemüsepürees (z. B. Spinat, Rote Bete oder Bohnen) mit Walnüssen, Knoblauch und Kräutern, zu kleinen Kugeln geformt.
  • Lobio – ein kräftiger Bohneneintopf mit Walnüssen, Zwiebeln und Gewürzen, oft im Tontopf serviert.
    Nigvziani Badrijani – noch mehr Auberginen, aber diesmal anders zubereitet.
  • Khinkali – die berühmten georgischen Teigtaschen, gefüllt mit Fleisch, Zwiebeln und Gewürzen. Man hält sie am oberen Zipfel, beißt vorsichtig hinein, saugt die Brühe aus und isst dann den Rest – der Zipfel selbst bleibt liegen. (Vorsicht: akute Gefahr, dass du  dir die Kleidung einsaust!)
  • Mtsvadi – georgischer Schaschlik, meist vom Schwein, manchmal auch Lamm oder Kalb, gegrillt über Weinrebholz – gewürzt nur mit Salz und Pfeffer.
    Chakhokhbili – ein würziges Schmorgericht aus Huhn, Tomaten, Zwiebeln, Knoblauch und frischen Kräutern.
    Ojakhuri – gebratenes Fleisch (oft Schwein oder Rind) mit Kartoffeln und Zwiebeln – einfach, deftig, ehrlich.
  • Khachapuri – das inoffizielle Nationalgericht Georgiens: ein mit Käse gefülltes Fladenbrot. Es gibt zahllose regionale Varianten, mal schlicht, mal doppelt käsig. Die berühmteste ist jedoch das Adjaruli Khachapuri aus Adscharien – ein bootsförmiges Brot, gefüllt mit geschmolzenem Käse, einem rohen Ei und einem ordentlichen Stück Butter. Seine Form soll an die Fischerboote und die untergehende Sonne auf dem Schwarzen Meer erinnern. Alles wird kräftig miteinander verrührt, bevor man die Brotränder abreißt und eintunkt – pure, goldgelbe Kalorienliebe.

Unser Hotel – das Hotel Stamba – in Tbilisi, der Hauptstadt Georgiens. Ein ehemaliges Druckerei- und Verlagshaus aus Sowjetzeiten. Echte Georgian Vibes: roh, industriell und mit ganz viel Seele. Hier hat wirklich alles gepasst – von den Zimmern über das Frühstück und Abendessen bis hin zur Bar.

Gut zu wissen

Besonders gut zu den typischen georgischen Gerichten passen klassische Weine aus der Qvevri. Durch ihre Kraft, Struktur und Tiefe sind Amber Wines perfekte Begleiter zu Speisen, die nur so vor Aromen strotzen – also zu Gerichten mit Fett, Würze und Charakter. Am besten genießt man sie wie einen Rotwein: aus einem großen, bauchigen Glas (zum Beispiel einem Burgunderglas), in dem sich die Aromen optimal entfalten können. Auch bei der Temperatur gilt: weder zu kalt noch zu warm – ideal sind 14 bis 16 Grad.

Meine Highlights in Tbilisi? Ein Besuch bei Chef Konstantin im House of Konstantine, ein Gläschen am legendären Wine Window, ein Abend im Restaurant Keto & Kote – und natürlich die Wine School.

Wenn es dich bald nach Georgien – die Wiege des Weins – verschlagen sollte, führt kein Weg an der Hauptstadt Tbilisi (aka City of Warm Waters) vorbei. Hier pulsiert das Leben zwischen hippen Weinbars, historischen Gassen und einer Food-Szene, die Tradition und Moderne auf wunderbar lässige Weise verbindet. Natürlich finden sich hier auch einige der besten Weinbars, Restaurants und Aktivitäten für alle, die Wein lieben.

Hier kommen meine Must-Dos für alle Georgia-First-Timer – und die besten Restaurant- und Weinbar-Tipps:

MUST-DO’S

  • Wine Ice Cream probieren – ja, richtig gelesen: Eis mit Wein!
  • Der „Mother of Georgia“ einen Besuch abstatten – inklusive Panoramablick über die Stadt.
  • Ein Glas Wein am „Wine Window“ genießen – Tbilisis Antwort auf Florenz!
  • Die Wine School besuchen und sich durch Georgiens Rebsorten und Stile verkosten
  • Weinshop-Tipp: 8.000 Vintages – das Paradies für Weinliebhaber:innen

 

WEINBARS

  • Warehouse im Stamba Hotel
  • Sadzvele
  • Wine Merchants
  • Wine Boutique
  • G.Vino
  • Wine Exchange
  • Wine Underground

 

RESTAURANTS

  • Keto & Kote
  • House of Constantin
  • Funicular
  • Barbarestan
  • Café Stamba
  • Littera
Georgien_Reisetipps_Weinwissen

Anzeige I Dieser Beitrag entstand in Zusammenarbeit mit Weine aus Georgien

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