Was ist Naturwein?

[drop_cap] Allein der Begriff „Naturwein“ sorgt bereits allgegenwärtig für Verwirrung. Wein ist doch Natur, wird aus Trauben gemacht – oder etwa nicht? Wein wird aus Trauben gemacht. Genauso wie Joghurt eigentlich aus Milch gewonnen werden sollte. Und dennoch, wie in der Lebensmittelindustrie üblich sind auch in der Weinbranche weit über 50 Zusatzstoffe erlaubt. Der Unterschied? Bis auf wenige Ausnahmen sind diese bei Wein nicht deklarierungspflichtig. Eigentlich sollte genau dieser Umstand zum Nach- und Umdenken anregen.[/drop_cap]

Und trotzdem ist es Naturwein, der zwar seit Jahren in aller Munde ist, aber immer noch regelmäßig für hitzige Diskussionen sorgt. Denn über Naturwein kursiert extrem viel Halbwissen. Es wird viel Richtiges, aber leider auch extrem viel Blödsinn erzählt. Und genau darüber sprechen wir heute – ein Versuch, Licht ins immer noch Dunkle zu bringen.

Außerdem gibt’s 6 knackige Probiertipps von einem meiner liebsten Naturweinhändler, nämlich Weinskandal, für dich. Sozusagen für Naturwein-Neulinge, und zwar von „classy with a twist“ über „funky“ bis hin zu „freaky“. Aber jetzt erst einmal Butter bei die Fische – Natur-waaaaas?

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Was versteht man unter Naturwein?

Naturwein ist Wein, der möglichst ohne bzw. durch den reduzierten Einsatz von kellertechnischen bzw. önologischen Verfahren sowie Behandlungs- und Zusatzmitteln hergestellt wurde. Der Begriff Naturwein ist in Deutschland nicht definiert, basiert also auf keiner rechtlichen Grundlage. Jeder Winzer definiert seine Arbeit bzw. Auffassung der Naturweinbereitung anders. Auch stammt ein Wein, der als Naturwein vermarktet wird, nicht automatisch aus ökologischer oder biodynamischer Landwirtschaft, ist also nicht automatisch ökologisch und/oder biodynamisch zertifiziert. Naturwein lässt sich tatsächlich sehr einfach zusammenfassen: „So wenig wie möglich, so viel wie nötig!“

In der Naturweinherstellung wird also besonders Wert auf die naturnahe Bewirtschaftung nach ökologischen und/oder biodynamischen Leitsätzen gelegt. Die Trauben sollen händisch gelesen und spontan, also ohne den Einsatz von Reinzucht- und Aromahefen vergären. Während der Verarbeitung des Traubenmaterials und der des Weinbereitungsprozesses soll der Gebrauch von Behandlungsmitteln sowie Hilfs- und Zusatzstoffen weitestgehend reduziert werden. Und auch auf mechanische Abläufe wie z. B. übermäßiges Pumpen der Grundweine und kellertechnische Verfahren sollte nach Möglichkeit verzichtet werden.

Gut zu wissen: Behandlungsmittel sind z. B. Schönungsmittel wie Aktivkohle, Bentonit oder Gelatine. Diese Stoffe dienen zur Klärung und/oder zur Entfernung von Farb-, Geschmacks- und Geruchsfehlern sowie zur Eiweißstabilisierung. Aber auch Reinzucht- und Aromahefen, die erstens bei der kontrollierten Gärführung Anwendung finden und zweitens zur Intensivierung der Aromatik führen, gehören zu den Behandlungsmitteln. Zusatzstoffe hingegen sind z. B. Weinsäure, Tannin und Schwefel. Kellertechnische Verfahren sind z. B. die Filtration, Flotation (umgekehrte Sedimentation) oder auch übermäßig mechanisches Pumpen der Weine, ein eingeleiteter BSA (biologischer Säureabbau), aber auch der Ausbau der Weine in Barriques sowie die temperaturgesteuerte Gärführung.

Ist Naturwein nur ein Trend?

Mit Beginn der Naturweinbewegung und dem „Hype“ von naturbelassenen Weinen mit freaky Etiketten und Schaumweinen mit Kronkorken, insbesondere in den hippen Städten Europas, kam auch bei den jungen Menschen wieder eine neue Begeisterung für das Thema Wein auf. Dabei es ging weniger um das „Wie“ und „Was“ als vielmehr um den Inhalt der Weine. Auch ging es nicht darum, die großen Weinnamen und Appellationen aus Frankreich und Italien auswendig zu kennen. Es war auch völlig egal, wie viel Gaja, Rinaldi, Armand Rousseau oder Coche Dury du bis dato gesoffen hattest und wie dick dein Portemonnaie ist – es ging um Wein, und zwar ohne Schlips und Kragen, sondern mit Flipflops und Shorts. Wein wurde endlich „barrierefrei“ gemacht. Dieses fast schon soziokulturelle Phänomen der Naturweinbewegung ermöglichte vielen Winzern und Händlern einen ganz neuen und nie zuvor dagewesenen Zugang zum Markt.

Im Zuge der „Naturweinbewegung“ gab es auch einige Winzer, die auf den „Naturweinzug“ mit aufspringen wollten. Trittbrettfahrer, nämlich solche – in dem Falle – Winzer, die fachliches Versagen und die daraus resultierenden Weinfehler und Weinkrankheiten unter dem Deckmantel von „Naturwein“ vermarkteten. Dem „Wein-Zivilisten“, vielen Sommeliers und Weinverkäufern wurde im gleichen Atemzug eingebläut, dass der Wein genau so zu schmecken habe, da es sich hierbei schließlich um Naturwein handele. Weinfehler und Weinkrankheiten waren plötzlich aus vermarktungstechnischen Gründen vollkommen in Ordnung. Ein Schlag ins Gesicht. Erstens für die Wissenschaft und zweitens für all diejenigen Winzer, die souveräne Naturweine auf die Flasche ziehen und ihr Handwerk in Perfektion beherrschen. Nicht zuletzt kurbelt es die „Naturwein-Gerüchteküche“ an und sorgt damit bei dir, dem Konsumenten, für maximale Verwirrung.

Gut zu wissen: Wein im Herstellungsprozess – vom Weinberg bis zum Keller – ist ein sehr komplexes Unterfangen. Die Ausgangsbasis muss stimmen. Nur Know-how, perfektes Weinbergmanagement und die Verarbeitung von gesundem Traubenmaterial geben dem Winzer die Freiheit, möglichst reduziert arbeiten zu können. Erst durch Perfektion und gute fachliche Praxis wird ihm das „kontrollierte Nichtstun“ ermöglicht.

Viel wichtiger aber ist, dass die Pionierarbeit vieler Naturweinwinzer erfolgreich dazu beigetragen hat, dass andere Betriebe ihr bisheriges Handeln im Keller und insbesondere im Weinberg mit Blick auf Nährstoffversorgung der Böden und Reben sowie dem unkontrollierten Einsatz von Pflanzenschutzmitteln & Co. kritisch hinterfragen und ihre Betriebe auf eine nachhaltige Bewirtschaftungsform umstellen.

Naturwein ist nicht nur Masseneuphorie. Sie stellt vieles infrage, bewegt und treibt das Umdenken an. Insbesondere was die Bewirtschaftung der Weinberge betrifft.

Wie schmeckt Naturwein?

Naturbelassene Weine riechen und schmecken mitunter komplett anders und sehen auch anders aus als das, was du vielleicht bis dato im Glas hattest.

Im Aussehen hat Naturwein oft eine kräftige Farbe (u. a. abhängig von der Dauer des Maischekontakts, s. a. Orange Wein) und kann trüb bis sehr trüb sein – muss er aber nicht. Denn es gibt auch etliche Naturweine, die glasklar ins Glas laufen, und zwar gänzlich ohne den Einsatz von Behandlungsmitteln, Filtration & Co wie z. B. durch den klassischen Abstich.

Gut zu wissen: Mit Abstich meint man den Vorgang, der zwecks Trennung von abgesetztem Trub und (überstehendem) klaren Wein erfolgt. – Lexikon der Önologie, Dr. Ludwig Jakob

Ganz grundsätzlich kann man durchaus sagen, dass der Duft und der Geschmack eines Naturweins weniger durch fruchtige (s. a. Primärfrucht) als durch vegetative und mikrobiologische Aromen wie z. B. Heu, Tee, Kräuter, Waldboden, Malz oder Hefe geprägt ist. Oft wird der Geruch von Naturweinen, insbesondere bei Weißwein, auch mit dem eines Apfelweins bzw. Apfelmosts verglichen. Geschmacklich, je nach Ausbau der Weine, kann er mitunter von einer kräftigen Säure– und Tanninstruktur sein.

Naturweine sind wilder und ja, irgendwie ungeschliffener. Dann wiederum unfassbar elegant, charakterstark und sehr differenziert in Geruch und Geschmack. Will meinen: Naturwein lässt sich nur schwer in eine Schublade stecken und ist nicht immer extrem. Alles kann, nichts muss.

 

 

Weinskandal

Für traditionelle und handwerkliche Weine schlug das Herz von Moritz Herzog, dem Mann hinter dem Naturwein-Onlineshop „Weinskandal“ mit Sitz in Wien, schon immer höher als für Weine, die es nicht wagen, aus der Masse hervorzustechen, die sich nicht trauen, anders zu sein und ja, die einfach konform mit der Masse mitschwimmen. Moritz steht eher auf Weine, die aufmüpfig sind. Unfiltriert, vergoren ohne den Einsatz von Reinzucht- und Aromahefen, ohne den kaschierenden Einsatz von Holz, wie du ihn vielleicht von neuen Barriques oder Tonneaux kennst. Weine, die nicht aus Mangel an Zeit und Hingabe zum Produkt „unnötig“ geklärt, filtriert und ewig im Keller durch die Gegend gepumpt werden. Moritz steht auf nackige Weine, er steht auf Naturwein. Auf Weine, die nicht im Keller gemacht werden, sondern im Weinberg entstehen. Und das tatsächlich nicht erst seit gestern, sondern bereits seit Anfang der 2000ern, als er bereits die ersten, wie er so schön sagt, „alternativen“ Weine aus dem Jura, dem Roussillon und von der Loire verkostete. Bereits zu dem Zeitpunkt, damals noch als Sommelier, hat ihn diese Art von Wein fasziniert.

6 Jahre später und mit der Möglichkeit, eigenen Wein im Roussillon mit drei Freunden mit gleichem Mindset zu machen, musste Moritz mit seinem ersten Jahrgang aber feststellen, dass der Markt noch nicht wirlich „ready“ für nackten Wein war. Der Wein musste aber verkauft werden. With a little help von Moritz Freunden, unter anderem mit der Hilfe des Weinhändlers Erich Wagner und weiterer Kollegen wie René Antrag, Steve Breitzke und Konstantin Filippou, kam er dem gemeinsamen Ziel aller Beteiligten aber Stück für Stück näher. Ein Umdenken des Konsumenten und schlussendlich auch der Marktdurchbruch für Moritz kam nicht zuletzt durch österreichische Naturwein-Pioniere wie Sepp Muster, Franz Strohmeier und Ewald Tscheppe, die Pannobile Winzer des Burgenlands. Auch die Stilveränderung wichtiger Betriebe wie Christian Tschida und der Neugründung von Weingütern wie Gut Oggau trugen dazu bei.

Ein Umdenken des Konsumenten und schlussendlich auch der Marktdurchbruch für Moritz kam nicht zuletzt durch österreichische Naturwein-Pioniere wie Sepp Muster, Franz Strohmeier und Ewald Tscheppe, die Pannobile Winzer des Burgenlands sowie die Stilveränderung wichtiger Betriebe wie Christian Tschida und der Neugründung von Weingütern wie Gut Oggau.

Bis heute empfinde ich das Weinanbauland Österreich mit seiner Nähe zu naturweinaffinen Ländern wie Slowenien, Ungarn und Italien in vielerlei Hinsicht als Vorreiter-Weinanbauland der DACH-Region im Bereich naturals. Und immer mehr Winzer, unabhängig von ihren Beweggründen, kommen dazu. Weinskandal bietet aber nicht nur den österreichischen Rebellen ein Zuhause, sondern auch Winzern aus Frankreich, Spanien, der Slovakei, Deutschland u.v.m. Mittlerweile umfasst das Weinskandal-Portfolio über 900 Positionen für Naturwein-Einsteiger, bis hin zu Remmidemmi und kompletter Freakshow. Klick dich einfach mal durch Moritz Shop. Interessant, insbesondere wenn du noch neu im naked game bist, könnte die Kategorie „most liked“ und Weine unter 15,- Taler sein.

Gut zu wissen: Moritz und sein Team haben ’ne Weinbar aufgemacht. Mit der R&BAR in der Lindengasse in Wien wird die ganze Tiefe des Weinsortiments von Weinskandal endlich erlebbar gemacht. Vor allem aber sollen Weine gezeigt werden, die man bislang gar nicht so auf dem Schirm hatte, die bis dato nicht im Scheinwerferlicht standen. Schau mal vorbei und notier dir die Adresse für dein nächstes Wien-Wochenende. Hier gibt’s Glaserln, ganze Flaschen und – eh klar – auch eine Kleinigkeit zum Schnabulieren. Kontakt: R&BAR – Lindengasse 1, 1070 Wien, MO-FR 16-24 h, rundbar@weinskandal.at

„Alles ganz natürlich. Die neueröffnete R&Bar in der Lindengasse ist gerade das ultimative Natural-Wine-Lokal.“ – Florian Holzer, Falter

Mein Sexy Sixxer für Naturwein-Neulinge

Egal ob unfassbar neugierig oder einfach nur schwer durstig nach Lesen dieses Artikels: Moritz und ich haben dir ein kleines Naturwein-Paketchen für daheim geschnürt. 6 Naturweine von easy bis Freakshow:

  1. TESTALONGA – I WISH I WAS A NINJA 2020 0,75l
    Pétillant Naturel aus Südafrika / funky
  2. THOMAS STRAKA – WELSCHRIESLING RECHNITZ 2021 0,75l BIO
    Weißwein aus Österreich / classy with a twist
  3. MALINGA VON CHRISTOPH HEISS – GRÜNER VELTLINER 2020 0,75L
    Weißwein aus Österreich / classy with a twist
  4. CELLER ESCODA SANAHUJA – NAS DEL GEGANT ROSÉ 2020 0,75L
    Roséwein aus Spanien / funky
  5. EDGAR BRUTLER – DRUM BUN 2020 0,75l BIO
    Weißwein aus Rumänien / funky
  6. MATASSA – COUME DE L’OLLA BLANC 2021 0,75L
    Orange Wein aus Frankreich / funky

#bringflavorhome

Grapes & Love

Deine Lou

* Anzeige: Dieser Beitrag entstand in Zusammenarbeit mit Weinskandal 

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Über die Autorin

Louisa Maria Schmidt (aka Lou) schreibt auf ihrem Blog über Wein und erklärt in Kurzvideos auf Instagram, auf was es bei Wein wirklich ankommt. In der Gastronomie groß geworden, studierte sie Internationale Weinwirtschaft an der Hochschule Geisenheim. Heute arbeitet sie als Wine Consultant und Content Creatorin für PR-Agenturen, Online- und Printmagazine sowie Weingüter.

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