Was ist Orange-Wine?

Orange-Wines (aka Orange Weine, Amber Wines, Amphorenweine) sind seit einigen Jahren in aller Munde und dennoch sorgen sie, insbesondere bei Weinanfänger:innen, regelmäßig für Gesprächsstoff und hitzige Diskussionen. Spätestens seit es Orange-Wines auch in die Regale von Penny, Lidl & Co. geschafft hat, sollten wir vielleicht einmal klären, was es mit dieser Weinart auf sich hat. So viel vorab: Es hat nichts mit Orangen zu tun. Vielmehr geht es um die Farbe des Weins. Neben Rot, Weiß und Rosé wird Orange-Wine auch gerne als die vierte Weinfarbe bezeichnet.

Die Herstellung von Orange-Wine

Orange-Wein ist im Grunde genommen nichts anderes als maischevergorener Weißwein. Das Prinzip der Maischegärung kennen wir aus der Rotweinbereitung. Durch die Gärung oder eine längere Standzeit auf der Maische wird nicht nur der Farbstoff aus den weißen Beerenschalen entzogen, auch Aromastoffe und Gerbstoffe (aka Tannin) werden extrahiert und gehen in den Wein über. Das Ergebnis ist ein Weißwein, der in der Farbe intensiv, mitunter orange bis bernsteinfarben ist und geschmacklich ordentlich Power hat. Die Maischegärung findet traditionell in bauchigen Tongefäßen statt und verläuft oft spontan.


Gut zu wissen

Orange-Wines genauso wie Naturwein, ist weinrechtlich nicht definiert. Weder die Spontangärung, also die Gärung ohne den Einsatz von Reinzuchthefen, noch der Verzicht auf Schwefel oder die Vergärung in traditionellen Tongefäßen wie z. B. den Amphoren sind gesetzlich vorgeschrieben. Auch die Dauer der anschließenden Maischestandzeit obliegt allen Winzer:innen selbst. Auch wenn Orange-Wines aus vermarktungstechnischen Gründen gerne im Kontext mit Naturwein, schwefelfreiem Wein, ökologisch oder gar biodynamisch erzeugtem Wein genannt werden, ist das nicht zwangsläufig der Fall. Bei Orange-Wines– alle Emotionen an die Seite gepackt – handelt es sich schlicht und ergreifend um eine Weinbereitungsmethode, die ihren Ursprung vermutlich in Georgien hat und dort seit über 8.000 Jahren praktiziert wird.

Die Ursprünge von Orange-Wine

Georgien liegt im Südkaukasus und grenzt im Norden an Russland, im Süden an die Türkei und Armenien, im Osten an Aserbaidschan und im Westen an das Schwarze Meer. Das Land erstreckt sich über eine Fläche von etwa 69.700 Quadratkilometern und hat eine vielfältige Topografie, die von hohen Bergen wie dem Kaukasus bis hin zu Küstenebenen wie dem Schwarzen Meer reicht.

Die Gesamtrebfläche Georgiens beträgt ca. 55.000 Hektar, die sich auf 10 Weinregionen verteilen. 70 % der gesamten Rebfläche Georgiens entfallen dabei auf Kachetien – die größte und bekannteste Weinregion, die im äußersten Osten des Landes liegt und sich entlang des Flusses Alasani erstreckt. Georgien ist bekannt für seine enorme Vielfalt an autochthonen, also einheimischen Rebsorten. Davon gibt es mehr als 525, die in den verschiedenen Weinregionen des Landes angebaut werden. Etwa 40 werden davon kommerziell genutzt. Zu den bekanntesten und wichtigsten Rebsorten gehören die roten Rebsorten Saperavi und sowie die weißen Rebsorten Rkatsiteli, Tsolikouri und Kakhuri Mtsvane

Traditionelle Herstellungsmethoden in Georgien

Aus Georgien aber stammen nicht nur Weißweine und Rotweine, sondern auch Schaum- und Likörweine. Ein Teil der Rot- und insbesondere der Weißweine wird nach der „traditionellen georgischen Art“ bzw. nach „traditionellen georgischen Methoden“ hergestellt. Gemeint ist damit Wein, der in konischen, also kegelförmigen Tonamphoren (aka Qvevri) ausgebaut wird. Dabei passiert im Grunde genommen genau das Gleiche wie bei der Maischegärung, wie wir sie aus der Rotweinherstellung kennen. Mit dem einzigen Unterschied, dass der Most nach der vollständigen Gärung mitsamt den Beerenschalen, Kernen und Stielen in der Tonamphore für weitere 5 bis 6 Monate belassen wird. 

Danach wird der Wein vom Trester, also eben dem Gemisch aus Beerenschalen, Kernen und Stielen, getrennt und zu einer weiteren Reifung (i. d. R. 12 Monate) in eine andere Tonamphore gefüllt. Die Tonamphoren werden dabei im Boden eingelassen bzw. eingegraben und mit Deckeln aus Glas oder Stein verschlossen. Das Ergebnis sind Weine mit Power und Präsenz, die sich durch eine kräftige Tanninstruktur und ein sehr markantes Aromenspektrum auszeichnen. Weißweine, die diese Gärung und Reifung unterlaufen, schillern orange, ja schon fast wie Bernstein in der Farbe und hören allgegenwärtig auf den Namen „Orange-Wines“ (aka Amber Wines). Die Weinherstellung im Qvevri bzw. der Tonamphore ist eine uralte Tradition, die seit mindestens 8000 Jahren praktiziert wird und eng mit der georgischen Kultur und Identität verbunden ist. Heutzutage erlebt die „traditionelle georgische Methode“ eine regelrechte Renaissance – nicht nur in Georgien, sondern auf der ganzen Welt.

Die Charakteristik und der Geschmack von Orange-Wine

Bis auf die weichgewaschenen Orange-Wine-Exemplare der hiesigen Discounter ist diese Art von Wein nichts für Feiglinge. Wenn du noch nie Orange-Wine im Glas gehabt hast, kann dich die Intensität dieser Weine leicht vom Hocker hauen – im positiven wie auch im negativen Sinne. Orange-Weine strotzen nur so vor Kraft und sind in der Regel komplett trocken ausgebaut. Sie bringen nicht nur verdammt viel Farbe ins Glas, sondern auch jede Menge Gerbstoff. In der Nase wirken diese Weine oft reduktiv, fallen also nicht gleich mit der Tür ins Haus und brauchen einen Moment an der Luft, um sich gänzlich im Glas zu entfalten. Je nach Rebsorteneinsatz sind Aromen – Achtung, der kommt flach – von Trauben, Zitrusfrüchten wie Orangenschale, reifem Steinobst, Trockenobst, Honig und die verschiedensten krautigen, herben Noten wie Salbei, Malz oder Sauerteig typisch.

Orange-Wines solltest du im Idealfall wie Rotwein behandeln und aus einem großen, bauchigen Glas, z. B. einem Burgunderglas, in dem sich alle Aromen entfalten können, genießen.

Essensbegleitung und Serviertemperatur

Durch die Kraft, die diese Weine mit sich bringen, sind Orange-Weine ideale Speisebegleiter zu Gerichten, die vor Aromen nur so strotzen. Hammermäßig zu orientalischen Gerichten wie marokkanischer Tajine, Couscous, einem Kichererbsen-Curry wie dem Shiro Wot aus Äthiopien oder ganz einfach als Aperitif zu cremig-würzigem Hummus. Aber auch zur koreanischen Küche mit fermentiertem Kimchi, Reis und einer dezenten Schärfe passen Orange-Wines hervorragendOrange-Wines solltest du im Idealfall wie Rotwein behandeln und aus einem großen, bauchigen Glas, z. B. einem Burgunderglas, in dem sich alle Aromen entfalten können, genießen. Was die Temperatur angeht, verhält es sich ebenfalls ähnlich wie mit Rotwein. Nicht zu kalt und nicht zu warm – 14 bis 16 Grad sind hier perfekt!


Lous Probiertipps

Meine Probiertipps für Orange-Wine-Anfänger:innen:

  • Saša Radikon, z. B. Slatnik und Ribolla Gialla
  • Azienda Agricola Zidarich, z. B. Vitovska Carso Bianco
  • Testalonga (Craig und Carla Hawkins), z. B. El Bandito Skin
  • Weingut Pranzegg, z. B. Tonsur
  • Weingut Michael Wenzel, z. B. Lockvogel
  • Azienda Agricola Aldo Viola, z. B. Egesta
  • Weingut Markus Ruch, z. B. Klettgau Amphore

*Anzeige I Dieser Beitrag entstand in Zusammenarbeit mit Weine aus Georgien 

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Deine Lou

Über die Autorin

Louisa Maria Schmidt (aka Lou) schreibt auf ihrem Blog über Wein und erklärt in Kurzvideos auf Instagram, auf was es bei Wein wirklich ankommt. In der Gastronomie groß geworden, studierte sie Internationale Weinwirtschaft an der Hochschule Geisenheim. Heute arbeitet sie als Wine Consultant und Content Creatorin für PR-Agenturen, Online- und Printmagazine sowie Weingüter.

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