Wie wird Sherry hergestellt?

Ohne Schmarrn – Sherry ist eine Wissenschaft für sich. Wenn man denkt, dass man es so gerade verstanden hat, kommt irgendeine Besonderheit oder Ausnahmeregelung dazu. Spannend und nervig zugleich. Und dennoch oder vielleicht sogar gerade deshalb ist und bleibt Sherry eins der Themen, für die ich brenne. Ich liebe diese einzigartige Region, die verschiedenen Stilistiken und den Geschmack, den die einzelnen Sherry-Typen mit sich bringen. In diesem Blogartikel habe ich euch das Wichtigste über Sherry aufgeschrieben. Und damit ihr das Gelernte auch direkt in die Praxis umsetzen könnt, habe ich euch meine Lieblings-Sherrys am Ende dieses Artikels zusammengefasst. Außerdem habe ich noch einen ganz heißen Restauranttipp für euch:

 

Was genau ist ein Sherry?

Bei Sherry handelt es sich um einen spanischen Likörwein, der in der andalusischen Provinz Cádiz hergestellt wird. Nur Weine, die aus dem sogenannten Sherry-Dreieck stammen, das sich zwischen den Städten Jerez de la Frontera, Sanlúcar de Barrameda und El Puerto de Santa María befindet, dürfen sich Sherry nennen.

Gut zu wissen: Sherryähnliche Weine werden auch in anderen Weinanbaugebieten und Weinanbauländern produziert, dürfen sich aber offiziell nicht Sherry nennen. Besonders hervorzuheben ist hier das Anbaugebiet Montilla-Moriles im Landesinneren der Provinz Andalusien.

 

Aus welchen Rebsorten wird Sherry gemacht?

Für die Produktion von Sherry sind die drei Rebsorten Palomino Fino, Pedro Ximénez und Moscatel zugelassen. Für die trockenen Sherrys kommt vorzugsweise die Rebsorte Palomino Fino, für die süßen Sherrys Pedro Ximénez und Moscatel zum Einsatz. Die Rebsorten wachsen auf den für die Sherry-Region so typischen „Albariza-Böden (wörtl. weiße Erde). Albariza-Böden sind Kreideböden, die neben Ton und Siliziumaus aus bis zu 40 % Kalkgestein bestehen. Sie haben die Fähigkeit, das Regenwasser der Wintermonate zu speichern und in den trockenen und heißen andalusischen Sommern nach und nach an die Reben abzugeben.

 

Wie wird Sherry hergestellt?

Sherry ist in der Regel immer ein Verschnitt aus mehreren Jahrgängen und wird traditionell mittels des Solera-Systems, bestehend aus übereinanderliegenden Fassreihen, den sogenannten Criaderas, hergestellt. In der obersten Fassreihe befindet sich der jüngste Wein, in der untersten der älteste. Während der Herstellung werden die jeweiligen Weine unterschiedlicher Reife miteinander „vermischt“. Die Solera sichert somit nicht nur eine geschmackliche Konstante, sondern ist auch von essenzieller Bedeutung für das Überleben der Florhefe. Früher kamen für die Sherryherstellung die verschiedensten Behälter, wie z.B. Amphoren zum Einsatz. Am häufigsten verbreitet ist heute das aus amerikanischer Eiche gefertigte 600 Liter-Fass, die oft weit über 100 Jahre alt sind.

Man unterscheidet zwischen dem biologischen (mit Florhefe) und dem oxidativen (ohne Florhefe) Ausbau. Beim biologischen Ausbau wird der Grundwein normalerweise auf bis zu 15 % aufgespritet und reift dann unter einer Schicht aus Florhefe. Beim oxidativen Ausbau wird der Grundwein mindestens auf bis zu 17 % aufgespritet. Infolgedessen stirbt die Florhefe und der Grundwein reift oxidativ, also mit Sauerstoffkontakt, weil die Fässer nie spundvoll sind. Insgesamt unterscheidet man fünf klassische Sherry-Typen:

  • Fino (biologischer Ausbau)
  • Manzanilla (biologischer Ausbau)
  • Amontillado (Hybrid aus biologischem und oxidativem Ausbau; reift zuerst biologisch unter einer Florschicht, durch Aufspriten stirbt die Florhefe ab und der Grundwein reift oxidativ weiter)
  • Oloroso (oxidativer Ausbau)
  • Palo Cortado (oxidativer Ausbau)

Außerdem gibt es noch Cream, Medium Dry, Pedro Ximénez (umgangssprachlich PX, hergestellt aus sonnengetrockneten (Soleo-Verfahren ) Beeren bzw. Trauben der gleichnamigen Rebsorte; sehr süß, fast schon sirupartig) und Pale Cream, eine süße Variante des Finos.

 

Ist Manzanilla ein Fino?

Oft wird angenommen, dass Fino und Manzanilla das Gleiche seien. Das stimmt aber nur bedingt. Ein Manzanilla ist eine spezielle Variante des Finos und darf nur in Sanlúcar de Barrameda hergestellt werden. Manazilla ist geschmacklich strukturierter und wesentlich salziger im Geschmack, da hier die feuchte Meeresluft durch die offenen Keller weht. Was erst mal nach einer romantisierten Vorstellung der Sherry-Bodegas in Sanlúcar klingt, entspricht tatsächlich der Realität. Ich konnte es vor Ort kaum glauben, wie salzig-algig die Luft in den Gängen zwischen den Soleras roch – Wahnsinn! Ein junger Manzanilla heißt Manzanilla-Fina. Ein gereifter Manzanilla heißt Manzanilla-Pasada.

 

Was bedeutet V.O.S. & V.O.R.S. bei Sherry?

Bei Sherrys mit dem Zusatz V.O.S. & V.O.R.S handelt es sich um Sherrys mit einem zertifizierten Alter. Ein Sherry mit dem Zusatz V.O.S. (lat. Vinum Optimum Signatum, bestmöglicher Wein) stammt aus einer über 20 Jahre alten Solera. Ein Sherry mit dem Zusatz V.O.R.S. (lat. Vinum Optimum Rare Signatum, engl. Very Old Rare Sherry) wiederum stammt aus einer mindestens 30 Jahre alten Solera.

 

Wie schmeckt Sherry?

Dass Sherry ausnahmslos süß schmeckt und im besten Fall nur Anwendung in der Küche beim Kochen findet, ist nicht nur absoluter Blödsinn, sondern auch primär auf den geschichtlichen Background und den Export von vornehmlich süßen Sherrys nach England zurückzuführen.

Trockene Sherrys wie Fino oder Manzanilla weisen geschmacklich oft verblüffende Parallelen zu feinen Weißweinen aus dem französischen Weinanbaugebiet Burgund auf. Qualitativ hochwertige Finos oder Manzanillas wachsen, ähnlich wie viele Burgunder, auf von Kreidestein dominierten Böden und sind am Gaumen salzig-kristallin mit einer sowohl prägnanten als auch erfrischenden Säurestruktur. Zitrone, Mandeln, Salz und auch der Duft nach Waldboden sowie Kamille sind typische Aromen.

Amontillado und Oloroso sind wesentlich intensiver in Geschmack und Aromatik und erinnern in der Nase an Haselnüsse, Tabak und getrocknetes Obst wie Aprikosen & Co. Ein Palo Cortado ordnet sich geschmacklich zwischen einem Amontillado und einem Oloroso ein.

Gut zu wissen: Je heller der Sherry, desto trockener ist er.  Je dunkler der Sherry, desto süßer ist er.

 

Wie trinkt man einen Sherry?

Sherry wird traditionell aus den sogenannten „Catavinos“ getrunken. Das ist die spanische Bezeichnung für eine in Andalusien wachsende Tulpe. Denn das für Sherry klassische Verkostungsglas ist tulpenförmig, also nach oben hin verjüngend geformt. Ich persönlich verkoste aber am liebsten alle Sherry-Arten aus einem klassischen Universalglas. Dabei wird das Glas maximal zu 1/3 gefüllt, damit sich die Aromen ideal entfalten können. Und ganz wichtig: Sherry wird, egal welche Qualitätsstufe, immer kalt getrunken – am besten direkt aus dem Kühlschrank. Die richtige Serviertemperatur:

  • Fino: 6° bis 8° C
  • Manzanilla: 6° bis 8° C
  • Amontillado: 12° bis 14° C
  • Oloroso: 12° bis 14° C
  • Palo Cortado: 12° bis 14° C

 

Was isst man zu Sherry?

Bei allen Gerichten, die vor Bitterstoffen und Säure nur so strotzen und andere Weine in die Knie zwingen, da marschiert Sherry. Fino und Manzanilla funktionieren nicht nur hervorragend als Aperitif, sondern passen perfekt zu Fisch, Meeresfrüchten und zu allem, was die salzige Komponente eines Finos oder Manzanillas widerspiegelt. Amontillado ist der Game Changer zu Artischocken und Spargel. Ein Oloroso und ein Palo Cortado sind nicht nur genial zu Consommés, sondern auch zu Wildgerichten, Kalbsbries, Ochsenbäckchen, Aufläufen und insbesondere auch zu tomatenbasierten Gerichten wie z. B. einem Tatar von der Tomate. Und Blauschimmelkäse oder Leberpastete mit Pedro Ximénez (PX) ist einfach nur mind blowing.

 

6 Sherry Probiertipps

Ob einfach nur schwer durstig nach Lesen dieses Blogeintrags, gerade in der Weinausbildung oder für dein persönliches Sherry-Pröbchen in den eigenen vier Wänden – nachfolgend habe ich euch meine Lieblingspullen zum Nachtrinken aufgeschrieben:

  • Fino von Luis Pérez „Fino la Barajuela“
  • Fino und Manzanilla von Bodegas Tradición
  • Amontillado von El Maestro Sierra
  • Oloroso von Bodegas Poniente
  • Manzanilla und Oloroso von Álvaro Domecq
  • Fino von Ximénez-Spínola

 

Mein Tipp: Wenn ihr es mal nach Andalusien schafft, solltet ihr dem Restaurant „La Carboná“ in Jerez de la Frontera unbedingt einen Besuch abstatten. Das Restaurant ist auf die Speisebegleitung mit Sherry spezialisiert. Die umfangreiche Weinkarte, bestehend aus 100 % Sherry, ist der Knaller. Begebt euch einfach in die Hände der kompetenten Sommeliers und wählt zum Menü die Weinbegleitung. Ganz dicke Empfehlung für alle Sherry-Neulinge.

#bringflavorhome

Grapes & Love

Deine Lou

Über die Autorin

Louisa Maria Schmidt (aka Lou) schreibt auf ihrem Blog über Wein und erklärt in Kurzvideos auf Instagram, auf was es bei Wein wirklich ankommt. In der Gastronomie groß geworden, studierte sie Internationale Weinwirtschaft an der Hochschule Geisenheim. Heute arbeitet sie als Wine Consultant und Content Creatorin für PR-Agenturen, Online- und Printmagazine sowie Weingüter.

Teile diesen Artikel:

WhatsApp
Facebook
Email

Durchsuche die Webseite

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen