Was ist Sherry? Alles zu Herkunft, Herstellung und Geschmack

Sherry ist ein gespriteter Wein (aka Fortified Wine), der in der andalusischen Provinz Cádiz hergestellt wird. Früher durften sich Weine nur dann Sherry nennen, wenn sie aus dem berühmten Sherry-Dreieck stammten, das von den Städten Jerez de la Frontera, Sanlúcar de Barrameda und El Puerto de Santa María gebildet wurde. Im Jahr 2022 wurde das Produktionsgebiet für Sherry jedoch um die Ortschaften Chiclana de la Frontera, Chipiona, Puerto Real, Rota, Trebujena und Lebrija erweitert. Sherryähnliche Weine werden auch in anderen Weinanbaugebieten und Weinbauländern produziert, dürfen sich aber offiziell nicht Sherry nennen, weil sie außerhalb der Produktionszone liegen. Besonders hervorzuheben ist hier das Anbaugebiet Montilla-Moriles im Landesinneren der Provinz Andalusien, das fast ausschließlich berühmt für Weine aus der Rebsorte Pedro Ximénez ist (Lous Probiertipp: Bodega Alvear). Und auch Australien hat eine verhältnismäßig lange Sherry-Tradition: 

Rebsorten und BÖden

Für die Produktion von Sherry sind die drei Rebsorten Palomino Fino, Pedro Ximénez und Moscatel zugelassen. Für die trockenen Sherrys wird vorzugsweise die Rebsorte Palomino Fino verwendet, für die süßen Sherrys kommen Pedro Ximénez und Moscatel zum Einsatz. Die Rebsorten gedeihen auf den für die Sherryregion typischen »Albariza-Böden« (»weiße Erde«). Albariza-Böden sind Kreideböden, die neben Lehm, Sand und Silizium aus bis zu 40 % Kalkstein bestehen. Je höher der Lehmanteil einer Weinbergslage ist, desto breitschultriger fallen die Weine im Normalfall auch aus, da Lehm im Vergleich zu Kalkstein eine gänzlich andere Nährstoffzusammensetzung aufweist. 

In Andalusien sind die durch Lehm dominierten Lagen mit Moscatel und Pedro Ximénez, die durch Kalkstein dominierten Lagen mit Palomino Fino bestockt. Ähnlich wie die Böden in der Champagne, besitzen auch die Albariza-Böden die Fähigkeit, das Regenwasser der Wintermonate zu speichern und es in den trockenen und heißen andalusischen Sommern nach und nach an die Reben abzugeben. Landschaftlich sieht es in Andalusien, dort wo die Reben wachsen, übrigens genauso unattraktiv wie in der Champagne aus – die Güte der Lagen ist dafür einmalig.

Herstellung 

Sherry ist in der Regel immer ein Verschnitt aus mehreren Jahrgängen und wird traditionell mittels des Solera-Systems hergestellt, das aus übereinanderliegenden Fassreihen besteht. Die (namensgebende) unterste Reihe wird als Solera (»am Boden liegend«), die darüberliegenden Fassreihen als Criaderas bezeichnet. In der obersten Fassreihe befindet sich der jüngste Wein, in der untersten der älteste. Während der Herstellung werden die Weine unterschiedlicher Reife miteinander »vermischt«. Das Solera-Verfahren sichert damit nicht nur eine geschmackliche Konstante, sondern ist auch für das Überleben der Florhefe von essenzieller Bedeutung. Früher kamen für die Sherryherstellung die verschiedensten Gärbehälter, darunter auch Amphoren, zum Einsatz. Am weitesten verbreitet ist heute jedoch das aus amerikanischer Eiche gefertigte 520-Liter-Fass, das oft weit über hundert Jahre alt ist und auf den Namen „Botas“ hört. Ein weiteres Verfahren für die Herstellung von Sherry ist das Soleo-Verfahren

Sherry Stile 

Bei der Herstellung von Sherry unterscheidet man zwischen dem biologischen (mit Florhefe) und dem oxidativen (ohne Florhefe) Ausbau. Beim biologischen Ausbau wird der Grundwein normalerweise auf bis zu 15 Vol.-% aufgespritet und reift dann unter einer Schicht aus natürlicher Florhefe. Die Menge an Florhefe ist dabei ausschlaggebend für den Stil und den Geschmack des Sherrys. Beim oxidativen Ausbau wird der Grundwein auf mindestens 17 Vol.-% aufgespritet. Infolgedessen stirbt die Florhefe und der Grundwein reift oxidativ, also mit Sauerstoffkontakt weiter, weil die Fässer nie spundvoll (bis zur Öffnung gefüllt) sind. Insgesamt wird zwischen fünf klassischen Sherrytypen unterschieden

  • Fino (biologischer Ausbau)
  • Manzanilla (biologischer Ausbau)
  • Amontillado (Hybrid aus biologischem und oxidativem Ausbau)
  • Palo Cortado (Hybrid aus biologischem und oxidativem Ausbau)
  • Oloroso (oxidativer Ausbau)

Die Florhefe reagiert auf ein Zuviel an Alkohol, Wärme oder stark schwankende Temperaturen extrem empfindlich. Je wärmer es ist, desto dünner fällt in der Regel auch die Florschicht aus. Das erklärt, warum Sanlúcar de Barrameda mit seinem im Vergleich zum heißen Landesinneren kühleren Klima eher für Sherrys bekannt ist, die unter Flor reifen.

Gut zu wissen

Dass uns ein Amontillado, Oloroso oder Palo Cortado »süßer« vorkommt als ein Fino oder Manzanilla, liegt nicht etwa am verbleibenden Restzuckergehalt, sondern an den vergleichsweise erhöhten Glycerinwerten. Glycerin entsteht während der Gärung, gehört demnach zur Gruppe der Gärungsnebenprodukte und beeinflusst unser Mundgefühl, weil Glycerin halb so süß wie Glucose schmeckt. Der Abbau von Glycerin wird unter anderem von Hefen gefördert. Da die Florschicht bei einem Amontillado, Oloroso oder Palo Cortado teilweise fehlt, kommen uns diese Stile im Vergleich auch süßer vor.

Oft wird angenommen, dass Fino und Manzanilla dasselbe seien. Ein Manzanilla aber ist eine spezielle Variante des Finos und darf nur in Sanlúcar de Barrameda hergestellt werden. Das kleine Städtchen ist umgeben vom Meer und gleicht einer Insel. Selbst in den heißen andalusischen Sommern sorgen die Winde des Atlantiks immer noch für eine angenehme Abkühlung. Steht man im Sommer in den offenen Kellergebäuden Sanlúcars, durch die der feuchte Küstenwind konstant durchweht, riecht die Luft algig und die Lippen schmecken salzig. Das ist mit ein Grund dafür, warum Manzanilla strukturierter und wesentlich salziger im Geschmack ist. Ein junger Manzanilla heißt übrigens Manzanilla-Fina, einen gereiften Manzanilla nennt man Manzanilla-Pasada.

Süße Sherrys

Neben den fünf trockenen Stilen gibt es noch zwei weitere Stile. Zum einen die Gruppe der natursüßen Sherrys (aka Vinos Dulces Naturales), zu denen Moscatel und Pedro Ximénez gehören. Deren Süße wird durch natürliche Reife – entweder durch die Ernte von vollreifen Trauben oder durch das Trocknen der Trauben in der Sonne – erreicht. Zum anderen gibt es die süßen Sherrys (aka Vinos de Licor), zu denen Pale Cream, Cream und Medium zählen. Hier werden trocken ausgebaute Sherrys (aka Vinos Generosos) einfach mit natursüßen Sherrys oder mit konzentriertem, süßem Most verschnitten.

Geschmack

Dass Sherry ausnahmslos süß schmeckt und im besten Fall nur in der Küche beim Kochen Anwendung findet, ist absoluter Blödsinn. Primär ist dieses Vorurteil auf den geschichtlichen Background und den Export von vornehmlich süßen Sherrys nach England zurückzuführen.

Trockene Sherrys wie Fino oder Manzanilla weisen geschmacklich oft verblüffende Parallelen zu feinen Côteaux Champenois oder Weißweinen aus dem französischen Weinanbaugebiet Burgund auf, aber mit einer ganz eigenen Charakteristik, nämlich der Florhefe. Qualitativ hochwertige Finos oder Manzanillas wachsen, ähnlich wie viele Burgunder und Champagner, auf von Kreidestein dominierten Böden und sind am Gaumen salzig-kristallin mit einer sowohl prägnanten als auch erfrischenden Säurestruktur. Zitrone, Mandel und auch der Duft nach Waldboden (aka Geosmin) sowie Kamille sind typische Aromen.

Amontillado, Palo Cortado und Oloroso sind wesentlich intensiver und kraftvoller in Geschmack und Aromatik – sie erinnern in der Nase an Haselnüsse, Tabak und getrocknetes Steinobst. Ein Palo Cortado wiederum ordnet sich geschmacklich zwischen einem Amontillado und einem Oloroso ein.

Gläser und Serviertemperatur

Traditionell wird Sherry aus dem ‚Catavino‘-Glas getrunken, einem sich nach oben hin verjüngenden, tulpenförmigen Glas. ‚Catavino‘ ist die spanische Bezeichnung für eine in Andalusien wachsende Tulpe, daher der Name. Ich persönlich behandle und trinke alle Sherry-Typen wie normalen Wein. Demnach verkoste ich die unterschiedlichen Qualitäten und Stile am liebsten aus einem funktionellen Universalglas. Dabei wird das Glas maximal zu einem Drittel gefüllt, damit sich die Aromen ideal entfalten können. Und ganz wichtig: Sherry, egal welcher Qualitätsstufe, wird immer kalt getrunken – am besten direkt aus dem Kühlschrank, der Rest kommt eh von alleine. Und hier für alle, die standardmäßig mit einem Thermometer unterwegs sind, die Serviertemperaturen im Detail

  • Fino: 6–8 °C
  • Manzanilla: 6–8 °C
  • Amontillado: 12–14 °C
  • Oloroso: 12–14 °C
  • Palo Cortado: 12–14 °C

Tipps für die Speisebegleitung

Bei allen Gerichten, die vor Bitterstoffen und Säure nur so strotzen und damit andere Weine in die Knie zwingen, da marschiert Sherry. Fino und Manzanilla funktionieren nicht nur hervorragend als Aperitif, sondern passen perfekt zu Fisch, Meeresfrüchten und zu allem, was die salzige Komponente eines Finos oder Manzanillas widerspiegelt. Amontillado ist der Gamechanger zu Artischocken und Spargel. Ein Oloroso und ein Palo Cortado sind nicht nur genial zu Consommés, sondern auch zu Wildgerichten, Kalbsbries, Ochsenbäckchen, Aufläufen und insbesondere auch zu tomatenbasierten Gerichten. Und die Kombination von Blauschimmelkäse oder Leberpastete mit Pedro Ximénez ist schlicht und ergreifend mind-blowing. Meine Faustregel: Manzanilla und Fino zu allem, was schwimmt; Amontillado zu allem, was fliegt; und zu allem, was rennt, passt der Rest.

Lous Probiertipps

  • Luis Pérez
  • Bodegas Tradición 
  • La Guita 
  • Lustau 
  • Valdespino
  • Alonso
  • M. Antonio De La Riva
  • Equipo Navazos

#bringflavorhome

Grapes & Love

Deine Lou

Über die Autorin

Louisa Maria Schmidt (aka Lou) schreibt auf ihrem Blog über Wein und erklärt in Kurzvideos auf Instagram, auf was es bei Wein wirklich ankommt. In der Gastronomie groß geworden, studierte sie Internationale Weinwirtschaft an der Hochschule Geisenheim. Heute arbeitet sie als Wine Consultant und Content Creatorin für PR-Agenturen, Online- und Printmagazine sowie Weingüter.

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